Hallo Erde, kannst du mich hören?
Der Lander Philae der Rosetta-Mission hat sich am 13. Juni aus seinem Winterschlaf zurückgemeldet und die ersten Daten zur Erde gesandt.
„Hallo Erde, kannst du mich hören?“ – mit diesem Tweet des Accounts „Philae Lander“ vermeldete das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt Philaes erstes Lebenszeichen. Am 12. November war die Landeeinheit der Rosetta-Mission auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko gelandet und nach knapp 60-stündigem Betrieb in den Winterschlaf gegangen. Zuvor hatte der Lander auf dem Kopf des Kometen aufgesetzt, war aufgrund eines Versagens der Harpunen-Anker abgeprallt, zwei Stunden lang geschwebt, hatte erneut kurz aufgesetzt, war weiter gehüpft und schließlich an einer schattigen Stelle in der Nähe des Hatmehit-Beckens gelandet. Aus diesem Grund musste sich Philae nach ersten wissenschaftlichen Messungen abschalten.
Seit dem 12. März war die entsprechende Kommunikationseinheit auf dem Orbiter Rosetta immer wieder eingeschaltet worden, um Philae zu rufen – am 13. Juni mit Erfolg: Um 22:28 Uhr hat der Lander sich 85 Sekunden lang gemeldet und über 300 Datenpakete an die Erde gesendet, die insbesondere Auskunft über Philaes „Gesundheitszustand“ geben. „Philae geht es gut: Er hat eine Betriebstemperatur von minus 35 Grad Celsius und verfügt über 24 Watt“, berichtet DLR-Philae-Projektleiter Stephan Ulamec vom DLR nach Abschluss der Auswertungen. Zudem zeigt die Analyse der Statusdaten, dass Philae auch zuvor schon wach gewesen sein muss, da die Daten Informationen aus den Tagen vor dem 13. Juni enthalten. Am 14. Juni meldete sich Philae erneut für vier Minuten und sendete einige Datenpakete. Beim zweiten Kontakt war die Verbindung aber sehr instabil.
Am 12. November 2014 hat der Lander Philae auf dem Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko aufgesetzt - seine genaue Landestelle ist bis heute unbekannt. (Bild: ESA/ATG medialab)
Philae scheint wieder betriebsbereit zu sein. „Wir sind zuversichtlich, schon bald wieder wissenschaftliche Messungen durchführen zu können“, sagt Hermann Böhnhardt vom MPI für Sonnensystemforschung, wissenschaftlicher Leiter der Landemission. So wollen die Wissenschaftler beispielsweise den Ursprung des Lebens aufklären, indem sie versuchen, Aminosäuren im Kometenmaterial zu detektieren. In den vergangenen Monaten hatte das Philae-Team Strategien entwickelt, wie sie die Instrumente des Landers auch mit wenig Energie betreiben können. Dafür reichen 24 Watt aus. „Zudem besteht durchaus Aussicht, dass uns in den nächsten Wochen noch mehr Energie zur Verfügung stehen wird“, hofft Böhnhardt. Um Philae aber von der Erde aus kommandieren zu können, sind längere und stabilere Verbindungen notwendig. Als erstes werden vermutlich Instrumente zum Einsatz, die nicht bohren oder hämmern müssen und die zudem wenig Energie verbrauchen und nur geringe Datenmengen zur Erde schicken müssen.
Unklar ist nach wie vor, an welcher Stelle genau Philae am 12. November letztendlich aufgesetzt hat. Um diese Frage zu beantworten, werten die beteiligten Wissenschaftler seitdem unter anderem Aufnahmen des OSIRIS-Kamerasystems an Bord von Rosetta aus. Da Philae auf diesen gerade einmal wenige Pixel groß ist und auch andere Oberflächenstrukturen zu Lichtblitzen führen können, vergleichen die Wissenschaftler Aufnahmen vor der Landung mit denen danach. Radiosignale, die das CONSERT-Experiment nach der Landung zwischen Rosetta und Philae austauschte, schränken zudem die mögliche Landestelle auf eine Ellipse von 16 mal 160 Metern ein. In Bildern nahe dieser Ellipse taucht in Aufnahmen von Mitte Dezember ein vielversprechender heller Fleck auf. Ob dies wirklich Philae ist, könnten höher aufgelöste Bilder klären. Doch die zunehmende Aktivität des Kometen verhindert derzeit einen nahen Vorbeiflug des Orbiters.
Das Rätsel um den Landeplatz könnte aber Philae selbst aufklären. Noch 8000 Datenpakete stecken in seinen Speichermedien, die dem DLR-Team Aufschluss geben können, wie es Philae in den vergangenen Tagen auf dem Kometen ergangen ist und wo genau der Lander seine neue Heimat gefunden hat. Vielleicht lautet der nächste Tweet von „Philae Lander“ dann: „Hallo Erde, ich bin hier!“
Maike Pfalz / DLR / MPS