12.02.2019

Halte Kontakt, nutze das Vakuum!

Wie Spiegel die Chemie und Physik beeinflussen können.

Wissenschaftler des MPI für Struktur und Dynamik der Materie haben mittels Computer-Simula­tionen auf­ge­zeigt, wie der Transfer von Energie und Ladung zwischen Mole­külen mit virtu­ellen Photonen kontrol­liert und drastisch ver­stärkt werden kann. Ihre Arbeit könnte zu einer funda­men­talen Anpas­sung der Leit­linien chemischer Reak­tionen führen und große Fort­schritte im Bereich der chemischen Kontrolle durch störungs­freie Methoden bewirken.

Abb.: Schema des Energietransfers unter normalen Bedingungen (oben) und unter...
Abb.: Schema des Energietransfers unter normalen Bedingungen (oben) und unter Einfluss des kontrollierten Vakuums, hervorgerufen durch zwei dicht zueinander positionierte Spiegel (unten; Bild: J. Harms, MPSD)

Der Einfluss virtu­eller Teil­chen, die im klassi­schen Sinne nicht ein­mal exis­tieren, faszi­niert Wissen­schaftler seit nunmehr einem Jahr­hundert. Die Beschaffen­heit des Vakuums, inklusive seiner Eigen­schaften und seines Ein­flusses, kann durch seine Umge­bung kontrol­liert werden. Wenn man zwei gewöhn­liche Spiegel dicht anein­ander setzt, kann so zum Beispiel der Ver­lauf einer chemischen Reaktion kontrol­liert werden. Das geschieht nicht etwa durch den Kontakt der Mole­küle mit der Ober­fläche der Spiegel, sondern ledig­lich dadurch, dass die Spiegel das Vakuum in eine bestimmte Form zwingen.

Experiment und Theorie beweisen, dass diese Effekte exis­tieren und einen potenten Kontroll-Mecha­nismus dar­stellen. Das Team um Christian Schäfer, Michael Ruggen­thaler, Heiko Appel und Angel Rubio hat nun gezeigt, wie drastisch sich die Para­digmen der Chemie im kontrol­lierten Vakuum beein­flussen lassen.

Die Photonen agieren als Kleber zwischen den Mole­külen und ermög­lichen einen extrem effi­zienten Energie- und Ladungs­transfer über große Distanzen hinweg. Die Kontrolle des Vakuums ermög­licht somit die Steue­rung chemischer Reak­tionen, führt zu der hoch­effi­zienten Kommuni­ka­tion zwischen den Teil­chen über weite Ent­fer­nungen und bestimmt ihre Posi­tionen – alles durch die Anpas­sung ein­facher Faktoren, wie der Distanz zwischen zwei Spiegeln. Der Kniff ist, dass das kontrol­lierte Vakuum zu neuen Zuständen führt, welche mehr als die Summe ihrer Einzel­teile, Licht und Materie, dar­stellen. Selbst weit von­ein­ander getrennte Mole­küle sind so über lange Reich­weiten durch den effi­zienten Licht­charakter ver­bunden.

„Die Experi­mente haben bereits gezeigt, wie für unser modernes Leben wichtige chemische Reak­tionen auf diese Art kontrol­liert und beschleunigt werden können“, sagt Schäfer. „Die damit ver­bundene Theorie gibt uns einen enorm opti­mis­tischen Aus­blick auf die Zukunft dieser Kontroll­methoden.“

„Mit Experimenten und Theorie fügen wir unserem modernen Verständnis des Material- und Reaktionsdesigns in diesem Feld neue Facetten hinzu“, erklärt Rubio. „So eröffnen sich hocheffiziente Methoden für die Herausforderungen unserer Zeit, wie zum Beispiel der Energie-Wandel und die Energie-Speicherung. Dieser neuartige Ansatz hat großes Potential, kann auf andere entfernte Komponenten wie zweidimensionale Materialien oder Festkörper ausgeweitet werden und verspricht neue technologische Möglichkeiten für die Zukunft.“

MPSD / RK

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