21.01.2019

Handgestrickte Moleküle

Kettenförmige Moleküle zwischen mikro­skopisch kleinen Gold­spitzen synthe­ti­siert.

Für gewöhnlich entstehen Moleküle in Reaktionskesseln oder Labor­kolben. Einem Forscher­team der Eid­genös­sischen Material­prüfungs- und Forschungs­anstalt Empa in der Schweiz ist es jetzt gelungen, Mole­küle zwischen zwei mikro­skopisch kleinen, beweg­lichen Gold­spitzen herzu­stellen – gewisser­maßen als hand­ge­strickte Einzel­stücke. Die Eigen­schaften der Mole­küle lassen sich während ihres Ent­stehens in Echt­zeit beob­achten.

Abb.: Handgestrickte Moleküle: Zwischen zwei nano­meter­dünnen...
Abb.: Handgestrickte Moleküle: Zwischen zwei nano­meter­dünnen Gold­spitzen bilden sich Ketten aus 1,4-Benzol­di­iso­cyanat und ein­zelnen Gold­atomen. (Bild: Springer Nature)

Die Herstellung von Elektronikkomponenten ist bisher Fein­arbeit im Spezial­labor: Für Nano­elek­tronik braucht es spezi­elle Fräs­werk­zeuge in Rein­räumen, für Elek­tronik im noch kleineren, atomaren Maßstab kommen Atom­kraft- und Raster­tunnel­mikro­skope zum Ein­satz. Chemiker hin­gegen sind Spezia­listen in der Serien­produk­tion von Mole­külen. Sie erschaffen immer eine große Zahl von Mole­külen zugleich, die unter­ein­ander identisch sind. Einen Mittel­weg hat es bisher nicht gegeben: die gezielte Synthese eines ein­zelnen Moleküls – bei der idealer­weise auch der Bau­prozess über­wacht werden kann.

Einer Forschergruppe der Empa und der Unis Basel und Oviedo in Spanien ist nun genau das gelungen: Die Forscher synthe­ti­sierten ketten­förmige Mole­küle zwischen zwei mikro­skopisch kleinen Gold­spitzen. Jedes Molekül ist dabei ein Einzel­stück. Die Eigen­schaften des ent­stehenden Atom­ver­bands lassen sich in während der Herstel­lung in Echt­zeit beob­achten und doku­men­tieren. Für ihre Experi­mente nutzten die Forscher eine Technik namens „mecha­nisch kon­trol­lierte Bruch­kontakte“. Dabei wird eine nur wenige Nano­meter dünne Gold­brücke in einer Flüssig­keit lang­sam gedehnt, bis sie zer­reißt. An den Bruch­spitzen der Nano­brücke können sich nun ein­zelne der in der Flüssig­keit gelösten Mole­küle anlagern und chemische Reak­tionen ein­gehen.

Die Forscher tauchten die Goldspitzen in eine Lösung von 1,4-Diiso­cyano­benzol (DICB), einem läng­lichen orga­nischen Molekül mit starken elek­trischen Dipolen an den beiden Enden. Diese stark geladenen Enden ver­binden sich sehr leicht mit Gold­atomen. Das Ergebnis: Beim Aus­ein­ander­reißen der Brücke löst ein ange­docktes DICB-Molekül ein­zelne Gold­atome aus dem Kontakt heraus und baut damit eine Molekül­kette. Nach jedem DICB-Molekül kommt ein Gold­atom, darauf erneut ein DICB-Molekül, ein Gold­atom, und so weiter.

Bemerkenswert daran: Die chemische Synthese der DICB-Gold­ketten im mole­ku­laren Maß­stab war nicht von Zufällen abhängig, sondern lief immer gleich ab – und dies erst noch bei Raum­tempe­ratur. Die Forscher öffneten und schlossen die Gold­kontakt-Brücke mehr­fach, um das Ver­fahren besser zu ver­stehen. Und in 99 Prozent aller Fälle bildete sich die immer gleichen Molekül­ketten aus Gold und DICB. Dabei konnten die Forscher an der elek­trischen Leit­fähig­keit zwischen den Gold­kontakten genau ablesen, wie lang die Kette geworden war. Bis zu drei Ketten­glieder waren dabei mess­bar. Falls vier oder mehr Ketten­glieder ent­stehen, ist die Leit­fähig­keit zu gering, und das Molekül bleibt im Rahmen dieses Ver­suchs unsicht­bar.

Die nun gefundene Methode erlaubt es, elektrisch leit­fähige Molekül­ketten als Einzel­stücke herzu­stellen und mit vieler­lei Methoden genau zu charak­teri­sieren. Dies eröffnet völlig neue Möglich­keiten, die elek­trischen Eigen­schaften von Molekül­ketten direkt vor der Messung zu ver­ändern und mit atomarer Präzi­sion auf einen gewünschten Wert ein­zu­stellen – ein wich­tiger Schritt auf dem Weg zur Minia­turi­sie­rung elek­tro­nischer Bau­teile. Zugleich erlaubt die neue Methode einen tiefen Ein­blick in Trans­port­pro­zesse auf atomarer Ebene. „Um neue Eigen­schaften in Molekül­ver­bänden zu ent­decken, müssen wir zunächst in der Lage sein, mole­ku­lare Struk­turen gezielt zu bauen“, sagt Team­leiter Michel Calame, „das haben wir nun geschafft.“

Empa / RK

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