27.12.2017

Hannes-Alfvén-Preis 2018 für Tony Bell

Bahnbrechende Arbeiten zu astrophysikalischen und Laborplasmen gewürdigt.

Die Europäische Physikalische Gesellschaft (EPS) verleiht ihren Hannes-Alfvén-Preis für heraus­ragende Beiträge zur Plasmaphysik in 2018 an Professor Tony Bell FRS von der Universität Oxford. Der theo­retische Plasma­physiker Bell hat im Laufe seiner Karriere immer wieder neue Forschungs­felder sowohl auf dem Gebiet der astro­physi­kalischen Plasmen als auch auf dem der Labor­plasmen erschlos­sen. Seine bahn­brechen­den Bei­träge umfassen die Beschleu­nigung der kos­mi­schen Strah­lung durch Schocks, die Ver­stärkung des Magnet­feldes durch kos­mische Strah­lung, den fluss­be­grenz­ten Elek­tronen­transport, die Erzeu­gung des Magnet­feldes durch laser­produ­zierte ener­getische Elek­tro­nen, die Kolli­mation von Elektronen­strahlen für die Trägheits­fusion sowie die Elektron-Positron-Paar-Produktion. Die führende Rolle, die er bei der Ent­wicklung des heutigen Standard­modells der astro­physi­kalischen Teilchen­beschleunigung und der Ent­stehung der kos­mischen Strah­lung (CR) gespielt hat, zählt zu Bells größten Errun­gen­schaf­ten.

Abb.: Der Harvard-Professor und Fellow of the Royal Society (FRS) Tony Bell erhält die bedeutende Auszeichnung der EPS. (Bild: EPS)

Tony Bell war der alleinige Autor von zwei besonders zukunfts­trächtigen Arbeiten: Im Jahr 1978 schlug er die Theorie der diffusiven Stoß­beschleu­nigung vor und 2004 zeigte er, wie strömende kosmische Strah­lung eine neue Plasma­insta­bilität anregen und Magnet­felder verstärken kann. Letzteres ist beispiels­weise für die Be­schleu­nigung kosmischer Strah­lung auf PeV-Energien in Super­nova-Über­resten (SNR) erfor­derlich, und um die starken Magnet­felder zu erklären, die bei Schocks beobachtet werden.

Der Prozess der diffusiven Stoß­beschleu­nigung wurde unab­hängig voneinander von Bell und drei weiteren Forschungs­gruppen vorgeschlagen. Die Theorie der Magnet­feld­ver­stärkung erar­beitete Bell hingegen alleine. Schock­beschleunigte rela­tivis­tische Elek­tronen sind ver­ant­wortlich für die Syn­chro­tron- und inverse Compton-Strah­lung von Radio- zu Gamma­strahlen­wellen­längen, die einen wesent­lichen Teil zu unserem Wissen über das Uni­versum beisteuern.

Auf dem Gebiet der Labor­plasma­physik war Tony Bell über drei Jahr­zehnte hinweg einer der Haupt­akteure bei der Ent­wick­lung des Verständ­nisses des Elek­tronen­trans­ports in laser­produ­zierten Plasmen. Lang­fristi­ges Ziel ist die Ent­wick­lung der laser­getrie­benen thermo­nukle­aren Fusion als kom­mer­ziell nutzbare Strom­quelle. Mittel­fristig werden Laser­plasma-Wechsel­wirkungen bei hoher Laser­intensität zuneh­mend als Kurz­impuls­quelle für ener­getische Photonen, Protonen, Elek­tro­nen und Posi­tro­nen mit einer Vielzahl von Anwen­dungen gesehen. Tony Bells wichtigste Er­run­gen­schaften in der Labor­plasma­physik sind:

•die Erläuterung der „fluss­beschrän­kten“ Hemmung der Wärme­leitung in Inertial Confine­ment Fusion (ICF) Kapseln. Damit wurde die Entwick­lung der nicht-lokalen Theorie des Elek­tronen­trans­ports einge­leitet, die sich als einer der Bau­steine des Verständ­nisses von laser­produ­zierten Plasmen erwiesen hat.
•die Form­ulierung einer Theorie des ener­getischen Elektronen­transports, die zeigt, wie ein selbst erzeugtes Magnet­feld die Strahlen energetischer Elek­tro­nen in den dichten thermo­nuklearen Brennstoff fokus­sieren kann, wie es für eine Trägheits­fusion mit hoher Verstärkung durch „Schnell­zündung“ erfor­derlich ist.
•die theoretische Demonstration, dass die Quanten­elektro­dynamik (QED) eine wichtige Rolle bei Experi­menten mit Hoch­leistungs­lasern der nächsten Generation spielen wird, die zu einer produktiven Erzeugung von Gamma­strahlen und Elektronen-Positronen-Paaren führen.

Das gemeinsame Thema, das diese scheinbar unter­schied­lichen For­schun­gen vereint, ist die Erzeu­gung und der Trans­port ener­getischer Teil­chen, seien es kosmische Strahlen in der Astro­physik oder ener­getische Elektronen und Elek­tronen-Posi­tro­nen-Paare in laser­produ­zierten Plasmen.

EPS / LK

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