Harte, kurze Pulse
Kompressor-Beamline mit Terawatt-Lichtpulsen öffnet Zugang zu nichtlinearer Attosekunden-XUV-Spektroskopie.
Forscher am Max-Born-Institut für nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie (MBI) haben einen neuen Meilenstein in der Erzeugung von Lichtpulsen mit wenigen optischen Zyklen erreicht. Sie haben einen zehn Jahre alten Rekord gebrochen und in einem neuen Hochenergie-Hohlfaser-Kompressor Lichtpulse mit einer Pulslänge von nur 1,5 optischen Zyklen und einer Spitzenleistung von 1,2 Terawatt erzeugt. Die hochenergetischen Laserpulse werden zur Erzeugung intensiver Attosekunden-Pulse im XUV-Spektralbereich verwendet, welche wiederum Anwendung in nichtlinearen XUV-Spektroskopiestudien finden.
Um komplexe Ladungstransfermechanismen bei der Bildung einer chemischen Bindung oder bei dem Ablauf biologisch relevanter Prozesse zu erforschen, benötigt man Werkzeuge mit einer außergewöhnlichen zeitlichen Auflösung im Attosekundenbereich. Die hierfür benötigten isolierten Attosekunden-Lichtpulse können durch Frequenzkonversion in den extremen ultravioletten (XUV) Spektralbereich erzeugt werden. Hierzu werden ultrakurze intensive Laserpulse, die nur wenige Schwingungen des elektrischen Feldes umfassen, auf Edelgasatome fokussiert.
Dies treibt einen Frequenzkonversionsprozess an, die Erzeugung hoher harmonischer Strahlung. Die Konversionseffizienz dieses Prozesses ist jedoch sehr gering und liefert folglich sehr schwache Attosekundenpulse, die für angedachte nichtlineare spektroskopische Anwendungen nicht ausreichen. Um intensivere isolierte Attosekundenpulse zu erzeugen, benötigt man folglich hochenergetische ultrakurze Laserpulse, deren Wellenlänge im nahen Infrarotbereich liegt.
Nun haben Forscher am MBI bei der Energieskalierung der nahinfraroten Lichtpulse einen großen Schritt nach vorne gemacht. Der Gruppe gelang es, Pulse eines Titan-Saphir-Lasers, der bei einer Wellenlänge von 790 Nanometern emittiert, spektral zu verbreitern und anschließend auf eine Pulsdauer von 3,8 Femtosekunden (1,5 optische Zyklen) bei einer Energie von 6,1 Millijoule zu komprimieren, was bei einer Kilohertz-Wiederholrate beispiellos ist. Somit übertrifft die Spitzenleistung der Pulse deutlich die Terawattmarke. Dieses Ergebnis bricht einen zehn Jahre alten Rekord, der im Forschungsinstitut Riken in Japan erzielt wurde.
Um diese Ergebnisse zu erreichen, wurde eine neue 8,2 Meter lange Kompressor-Beamline um eine 3,75 Meter lange, gestreckte flexible Hohlkernfaser (SF-HCF) herum aufgebaut: In dieser Faser findet eine spektrale Verbreiterung als Ergebnis der nichtlinearen Wechselwirkung zwischen den intensiven nahinfraroten Lichtpulsen und den in der Kapillare eingelassenen Heliumatomen statt. Die spektral verbreiterten Lichtpulse wurden anschließend durch negativ gechirpte Spiegel zeitlich komprimiert und durch eine Dispersions-Scan-Messung charakterisiert. Die Messvorrichtung wurde hierbei direkt in den Vakuum-Strahlengang verbaut, welcher auch für die anschließende Erzeugung hoher harmonischer Strahlung sowie XUV-Experimente konstruiert ist. Der neue HCF-Kompressor ist eine hochskalierte Version eines Gerätes, das kürzlich im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit unter Beteiligung des MBI entwickelt wurde. Diese neue Entwicklung ebnet den Weg zur nichtlinearen Attosekunden-XUV-Spektroskopie.
MBI / DE
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
T. Nagy et al.: Generation of above-terawatt 1.5-cycle visible pulses at 1 kHz by post-compression in a hollow fiber, Opt. Lett. 45, 3313 (2020); DOI: 10.1364/OL.395830 - Ultrafast Laser Physics and Nonlinear Optics (T. Nagy), Max-Born-Institut für Nichlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie, Berlin