30.04.2015

Harte Röntgenstrahlung aus dem galaktischen Zentrum

Von weißen Zwergen bis zu Magnet­feldern – alle Erklä­rungs­ansätze greifen zu kurz!

Die Zentralregion unserer Milchstraße enthält eine ganze Reihe von diskreten Röntgen­quellen, darunter den Supernova-Über­rest Sagit­tarius-A-Ost. Unter­suchungen der diffusen weichen Röntgen­strahlung bis zu 10 keV deuten darauf hin, dass haupt­sächlich eine Population akkre­tierender weißer Zwerge in Doppel­systemen für diese Emission verantwortlich ist. Das Gamma- und Röntgen-Observa­torium Integral hat zusätzlich eine diffuse harte Röntgenstrahlung aus dem galak­tischen Zentrum nachge­wiesen. Aufgrund der geringen Auflösung des Instruments von zwölf Bogen­minuten – das entspricht im Mittel­punkt der Milchstraße einer Strecke von fast ein­hundert Licht­jahren – ist bislang unklar, ob diese Strahlung ursächlich diffus, von einer einzigen diskreten oder einer ganzen Popu­lation von Quellen stammt.

Abb.: NuSTAR-Aufnahme der Zentralregion unserer Milchstraße. Markiert sind bekannte Quellen wie der Pulsar G359.95–0.0413, der Neutronen­stern „Cannon­ball“ und das Filament G359.97–0.03814. Sgr A* markiert die Position des super­masse­reichen schwarzen Lochs. (Bild: K. Perez et al. / NPG)

Kerstin Perez vom Haverford College, Pennsylvania, und ihre Kollegen berichten nun über Beobach­tungen der galak­tischen Zentral­region mit dem im Juni 2012 gestarteten US-amerikanischen Röntgen­satelliten NuSTAR. Die Forscher richteten das Instrument in den Monaten Juli, August und Oktober 2012 für insgesamt 78 Stunden auf das Gebiet. Die Messungen zeigen erstmals eine diffuse Emission im Bereich der harten Röntgen­strahlung von 20 bis 40 keV, die ein Maximum im galak­tischen Zentrum aufweist und sich in die Ebene der Milch­straße hinein erstreckt.

Das Spektrum und die Position der ausgedehnten Röntgen­emission unterscheiden es deutlich von anderen, nicht aufgelösten galak­tischen Röntgen­quellen. Die harte Strahlung zeigt außerdem keine Korrelation mit der Radio­strahlung oder der weichen Röntgen­strahlung aus der Region – muss demnach also auch eine andere Ursache haben. Aber welche? Obwohl sich aus Spektrum, Intensität und Ausdehnung der harten Röntgen­strahlung Einschrän­kungen für potenzielle Quellen ergeben, bleiben eine Vielzahl möglicher Erklärungen übrig, so Perez und ihre Kollegen: Akkre­tierende weiße Zwerge mit starken Magnetfeldern, Milli­sekunden-Pulsare, vom zentralen schwarzen Loch der Milchstraße ausgehende Teilchen­ströme, die mit dem umgebenden Strahlungsfeld, der dichten molekularen Materie oder den dort vorhandenen Magnetfelder wechselwirken.

Doch jeder dieser Erklärungsansätze führt zu signifikanten Problemen mit den derzeitigen Vorstel­lungen der Stern­entwick­lung, der Entstehung von Doppel­stern­systemen oder der Produktion von Teilchen­strahlung im galaktischen Zentrum, wie das Team erläutert. So stünde ein diffuser Ursprung durch Teilchen­ströme im Widerspruch zur Verteilung der Radio­strahlung aus der Zentralregion der Milchstraße. Und akkretierende weiße Zwerge als Erklärung erfordern eine tausend­fach höhere Anzahl masse­reicher Vorgänger­sterne als sich aus der Verteilung der Sterne in der Umgebung der Sonne ableiten lässt. Was immer also der Ursprung der Strahlung ist, so die Forscher, diese Beobach­tungen zeigen einen bislang unbekannten Prozess in der inneren Region der Galaxis.“

Rainer Kayser

OD

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