12.06.2012

Heimlich aktiv?

Ein neues Labor am Institut für Transurane in Karlsruhe hilft dabei, illegale nukleare Aktivitäten schnell und präzise aufzudecken.

September 2007: Die israelische Luftwaffe fliegt einen Angriff auf Dair Alzour in Syrien und zerstört einen Gebäudekomplex. Hat Syrien dort eine geheime Nuklearanlage aufgebaut, um Plutonium für ein Waffenprogramm zu erzeugen, oder handelt es sich nur um eine Militäranlage, wie Syrien behauptet? Als Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA fast ein Jahr später Zutritt erhalten, ist das Gelände planiert; vom Komplex keine Spur mehr. Doch in Bodenproben finden sich Uranpartikel, deren Analyse laut IAEA die Verbindung zu nuklearen Aktivitäten nahelegt und damit die Aussagen der syrischen Regierung widerlegt.

Neben besonders spektakulären Fällen wie diesen gehört der Besuch von Nuklearanlagen weltweit zum Alltag für Inspektoren der IAEA. Zur Analyse der Proben kann die Organisation auf ein eigenes Labor in Seibersdorf bei Wien zurückgreifen sowie auf ein Netzwerk zahlreicher Laboratorien weltweit. Eines davon ist das Institut für Transurane (ITU), das die Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission auf dem Gelände des KIT in Karlsruhe betreibt. Dort wurde Anfang Juni ein neues Labor eingeweiht, das künftig wesentlich genauere Partikelanalysen in deutlich kürzerer Zeit verspricht.

Das neue Sekundärionen-Massenspektrometer erlaubt schnelle und präzise Analysen kleinster Partikel. (Quelle: ITU)

Kernstück des vier Millionen teuren Labors ist ein hochauflösendes Sekundärionen-Massenspektrometer. Verglichen mit diesem komplexen Gerät ist die Probennahme vor Ort recht trivial: Die Inspektoren müssen dafür nur mit einem Baumwolltuch in einer Anlage Staub wischen, denn wie sehr sich ein Betreiber auch bemühen mag, unweigerlich entweichen bei allen Aktivitäten kleine Partikel und schlagen sich als Staub nieder. Wenn ein solches Tuch am ITU eintrifft, beginnt die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, denn zunächst heißt es, unter zahllosen völlig harmlosen Partikeln solche zu finden, die Uran enthalten. Daran schließt sich eine genaue Analyse der Isotopenzusammensetzung an. Das neue Massenspektrometer erlaubt es dabei im Gegensatz zu kleineren Geräten, neben der Häufigkeit der wichtigsten Isotope Uran-235 und Uran-238 auch diejenige der „minoren“ Isotope Uran-234 und Uran-236 zu bestimmen. „Damit erhalten wir sehr wertvolle zusätzliche Informationen darüber, was in einer Anlage passiert ist“, sagt der ITU-Direktor Thomas Fanghänel.

Im Kern geht es dabei um die Frage, ob der Betreiber in seiner Anlage auch Aktivitäten verfolgt, die er gegenüber der IAEA verschweigt. Ein weiterer Vorteil der neuen Anlage ist die wesentlich größere Empfindlichkeit: Für die Analyse reichen Partikel, die nur wenige Mikrometer groß sind und deren Masse wenige Pikogramm beträgt. Da in einem solchen Teilchen nur wenige Atome pro Jahr zerfallen, ist ihnen mit den normalen Verfahren zum Nachweis radioaktiver Stoffe ohnehin nicht beizukommen. Und schließlich ist das neue Verfahren auch sehr schnell: „Sie haben das Ergebnis jetzt über Nacht, während es früher Wochen gedauert hat“, erklärt Gabriele Voigt, die Direktorin des IAEA-Labors in Seibersdorf, wo ein baugleiches Gerät steht.

Vergleichbare Massenspektrometer gibt es auch in Russland und in Australien. Die Proben gehen immer an zwei Labore und zudem in anonymisierter Form. Dies ist auch im Sinne der Wissenschaftler, die ihre Aufgabe in der wissenschaftlichen Unterstützung der IAEA sehen, jenseits aller möglichen politischen Brisanz, die ihr Ergebnis implizieren kann.

Stefan Jorda

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