Heiße Jupiter auf Nachtseite dicht bewölkt
Temperaturen der sternabgewandten Hemisphären sind überraschend konstant.
Große Gasplaneten auf engen Umlaufbahnen um ihre Zentralsterne – kurz „heiße Jupiter“ genannt – zeigen aufgrund der Gezeitenkräfte im Allgemeinen eine gebundene Rotation. Ihre eine Hemisphäre ist also stets dem Stern zugewandt, während die andere Hemisphäre permanent im Dunkeln liegt. Während sich dadurch die Tagseite durch die Strahlung des Sterns aufheizt, würde sich die Nachtseite ohne Atmosphäre bis nahe an den absoluten Nullpunkt abkühlen. Durch die Atmosphäre kommt es allerdings zu einem permanenten Wärmefluss von der Tag- auf die Nachtseite, so dass sich schließlich auf beiden Seiten unterschiedliche Gleichgewichtstemperaturen einstellen.
Die Tagestemperatur hängt dabei direkt von der Intensität der Strahlung des Zentralsterns auf Höhe der Umlaufbahn des Planeten ab, also vom Äquivalent der irdischen Solarkonstanten. Modelle der atmosphärischen Dynamik für heiße Jupiter sagen einen solchen Zusammenhang auch für die – allerdings niedrigere – Temperatur auf der Nachtseite voraus. Denn in diesen Modellen ergibt sich die Temperatur auf der sternabgewandten Seite einfach aus dem Wärmestrom über die Tag- und Nachtgrenze, der wiederum von der Tagestemperatur und damit von der Strahlungsintensität des Sterns abhängt.
Dylan Keating, Nicolas Cowan und Lisa Dang von der McGill Universität im kanadischen Montreal haben nun erstmals diese modelltheoretisch vorhergesagten Zusammenhänge anhand von Beobachtungsdaten untersucht. Dazu verwendeten die drei Forscher alle publizierten Daten von insgesamt zwölf heißen Jupitern. Alle diese Planeten wurden über die Transit-Methode entdeckt, sie ziehen also von der Erde aus gesehen regelmäßig vor und hinter ihrem Stern vorüber. Aus den im Verlauf vieler Umlaufperioden gesammelten Helligkeitsdaten konnten die Forscher jeweils Phasendiagramme für die Planeten ermitteln, also die Helligkeit des Planeten in Abhängigkeit von der Beleuchtungsphase. Daraus wiederum konnten die Forscher auf die Temperaturen der Tag- und Nachtseite schließen, da diese mit der jeweiligen bolometrischen Helligkeit zusammenhängt.
Wie erwartet zeigen die Daten einen eindeutigen Trend der im Bereich von 1000 bis 4000 Kelvin liegenden Tagestemperaturen in Abhängigkeit von den Einstrahlungen durch den jeweiligen Stern. Für die Nachtseite jedoch zeigte sich zur Überraschung kein derartiger Trend. Im Gegenteil: Die Nachttemperaturen liegen für einen weiten Bereich konstant bei etwa 1100 Kelvin. Erst für auf der Tagseite extrem heiße Planeten oberhalb von etwa 3500 Kelvin zeigt sich ein leichter Anstieg auch der Nachttemperaturen. Keating, Cowan und Dang ziehen daraus den Schluss, dass die bislang verwendeten Atmosphärenmodelle für heiße Jupiter unzulänglich sind. Denn sie gehen der Einfachheit halber von wolkenfreien Atmosphären aus. Wolken spielen aber, so das Forschertrio, offenbar eine wichtige Rolle auf der Nachtseite.
Wie das Team zeigt, führen Wolken, die für langwellige Strahlung optisch dick sind, zu einer nahezu konstanten Temperatur in den oberen Wolkenschichten – also genau den atmosphärischen Schichten, die von den Beobachtungen erfasst werden. Um solche optischen Eigenschaften zu besitzen, könnten die Wolken aus relativ großen Körnchen beispielsweise aus Mangansulfid und Silikaten bestehen, argumentieren die Wissenschaftler. Um die Atmosphären heißer Jupiter vollständig zu verstehen, müssten jetzt vollständig dreidimensionale Modelle unter realistischer Berücksichtigung der Wolkenbildung entwickelt werden.
Rainer Kayser
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- Originalveröffentlichung
D. Keating et al.: Uniformly hot nightside temperatures on short-period gas giants, Nat. Astron., online 26. August 2019; DOI: 10.1038/s41550-019-0859-z - McGill Space Institute, McGill University, Montréal, Québec, Kanada
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