20.02.2019

Heißlauftest für BERTA

Erstes im 3D-Druck hergestelltes europäisches Raketentriebwerk erfolgreich gezündet.

Am 18. Februar erreichte die ESA einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zu neuen wirtschaft­licheren Raketen: Am Prüfstand P8 in Lampolds­hausen absolvierte das BERTA-Triebwerk erfolgreich seine ersten Testlauf. BERTA weist eine Besonderheit auf: Das Triebwerk wurde Ende 2018 vollständig im 3D-Druckverfahren gefertigt. Der P8 ist ein Forschungs- und Entwicklungs­prüfstand beim DLR in Lampoldshausen, der gemeinschaftlich vom DLR, der französischen Raumfahrt­agentur CNES und dem industriellen Partner Ariane Group genutzt wird. Die Verantwortung für den Betrieb und die Durchführung der Tests liegt bei dem Prüfstand­team des DLR.

Abb.: Der Triebwerkdemonstrator bei der Instrumentierung. Die Testergebnisse...
Abb.: Der Triebwerkdemonstrator bei der Instrumentierung. Die Testergebnisse werden auch in weitere Entwicklungsvorhaben der ESA einfließen. So sollen 3D-Druckverfahren für Weiterentwicklungen der Ariane-6-Triebwerke Vinci und Vulcain eingesetzt werden. (Bild: Ariane Group Holding, Alpensektor)

Für einen Referenzschub von 2,45 Kilonewton ausgelegt, konnte BERTA für 560 Sekunden getestet werden. Entwickelt wurde das Triebwerk im Rahmen der Forschungen für zukünftige europäische Träger­systeme FLPP der ESA. Deutschland ist seit Jahren größter Beitragszahler im FLPP-Kernprogramm. Das DLR-Raumfahrt­management steuert die Verwendung der Mittel innerhalb von FLPP und berät die ESA bei der Durchführung einzelner Projekte. BERTA ist für den Betrieb mit lagerfähigen Treibstoffen ausgelegt. Das bedeutet, dass die Treibstoffe bei Raum­temperatur gelagert werden können.

Triebwerke dieser Art können sehr zuverlässig und mehrfach gezündet werden und eignen sich somit für längere Missionen. Damit kann dieses Triebwerk nicht nur für den erdnahen Bereich auf kleinen bis mittleren Raketen eingesetzt werden, sondern auch für Missionen über den Erdorbit hinaus. Übliche lager­fähige Treibstoffe sind jedoch hoch­giftig. Für die Testläufe im Prüfstand werden daher kryogene Treibstoffe verwendet.

„Der Prüfstand P8 bietet umfangreiche Möglich­keiten, Demonstratoren von Komponenten über Baugruppen bis hin zu kleinen Triebwerken zu testen. Ziele der aktuellen Tests sind, das Strömungs­verhalten und den Wärme­übergang bei gedruckten Ober­flächen zu untersuchen. Diese neue Technologie kann derzeit europaweit nur am Prüfstand 8 in Lampolds­hausen getestet werden“, erläutert Gerd Brümmer, DLR-Ingenieur und Leiter des Prüfstands P8.

Der 3D-Druck liefert für den Triebwerksbau verschiedene Vorteile. So lassen sich die Produktions­zeiten signifikant verringern. Derzeit werden zum Beispiel Brenn­kammern in Europa zuerst gegossen und geschmiedet. Dann werden Kühlkanäle ausgefräst, die dann mittels galvanischer Prozesse abgedeckt werden. Übliche Lieferzeiten betragen bis zu eineinhalb Jahre. Mittels additiver Fertigung dagegen können voll­ständige Triebwerke innerhalb weniger Wochen geliefert werden.

Im Fall BERTAs wurden im 3D-Druck-Verfahren sowohl der Einspritz­kopf, er besteht aus einer korrosionsbeständige Nickel­basis­legierung, wie auch die Brennkammer aus Edelstahl durch selektives Laser­schmelzen hergestellt. Durch den Einsatz eines Lasers wurde das finale Bauteil schichtweise durch Aufschmelzen des Werkstoffes in Pulverform auf einer Grundplatte aufgebracht. Im 3D-Druck-Verfahren sind zudem komplexere Strukturen möglich, die sich in konventio­nellen Verfahren nicht herstellen lassen. So enthält BERTA ein komplexes Design für die Kühlkanäle, welches ein verbessertes Kühl­verhalten der Brennkammer sicher­stellen soll. Durch die verbesserte Kühlung können Brenn­kammern zukünftig kompakter gebaut werden, was Material einspart.

„Die additive Fertigung eröffnet Europa neue Wege, Triebwerke zu fertigen“, sagt Lysan Pfützen­reuter, Projekt­leiterin beim DLR-Raumfahrt­management. „Mit dem erfolgreichen Nachweis der Technologie wird ein wichtiger Schritt in Richtung einer verbesserten Wettbewerbs­fähigkeit europäischer Träger­systeme gegangen.“ Die Testkampagne wird vier Wochen andauern und die Ergebnisse werden auch in weitere Entwicklungs­vorhaben der ESA einfließen. So sollen 3D-Druckverfahren für Weiter­entwick­lungen der Ariane-6-Triebwerke  Vinci und Vulcain eingesetzt werden.

DLR / RK

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