20.01.2021 • Kernphysik

Heliumkerne in schweren Atomkernen entdeckt

Wahrscheinlichkeit für die Bildung von Heliumkernen nimmt mit dem Neutronenüberschuss der Kerne ab.

Die Kenntnis der Eigenschaften von Atomkernen und deren theoretische Beschreibung bilden die Grundlage für das Verständnis von Kernmaterie sowie der Entwicklung des Universums. Die Unter­suchung der Eigen­schaften ausgedehnter Kernmaterie, wie sie zum Beispiel in Neutronen­sternen im Universum vorliegt, kann experi­mentell im Labor nur über Kern­reaktionen erfolgen, die wichtige Information über die Eigen­schaften von Kernen liefern. Die in Experi­menten gewonnenen Erkennt­nisse werden wiederum zum Test von Theorien zur Beschreibung von Kernmaterie unter verschiedenen Bedingungen heran­gezogen.

Abb.: Die Experimente fanden am Grand-Raiden-Spektro­meter des Research Center...
Abb.: Die Experimente fanden am Grand-Raiden-Spektro­meter des Research Center for Nuclear Physics in Japan statt. (Bild: T. Aumann, TU Darmstadt)

Einige Theorien sagen voraus, dass leichte Kerne wie Helium­kerne mit Neutronen und Protonen in Kernmaterie koexistieren. Das sollte in einem Dichte­bereich erfolgen, der deutlich unter­halb der Sättigungs­dichte von Kernmaterie liegt, wie sie im Innern von schweren Atomkernen vorliegt. Eine an der TU Darmstadt und am GSI Helmholtz­zentrum für Schwer­ionen­forschung von Stefan Typel entwickelte Theorie sagt voraus, dass diese Konden­sa­tion von Helium­kernen auch an der Oberfläche von Atom­kernen auftreten sollte.

In einem Experiment am Research Center for Nuclear Physics in Osaka konnte ein inter­nationales Forscher­team jetzt Heliumkerne in verschiedenen Zinn-Isotopen nach­weisen und die Entwicklung der Wahr­schein­lich­keit für ihre Formierung entlang der Zinn-Isotopen­kette studieren. Dazu haben die Wissen­schaftler Zinn-Isotope mit hoch­energe­tischen Protonen bestrahlt. Dabei konnte das Team eindeutig gestreute Protonen und heraus­ge­schlagene Heliumkerne nachweisen.

Eine genaue Analyse zeigte, dass es sich um eine direkte quasi-elastische Streuung der Protonen an Helium­kernen in Zinn­kernen handelt. Die ermittelten Wirkungs­quer­schnitte für verschiedenen Zinn-Isotope zeigen zudem, dass die Wahr­schein­lich­keit für die Bildung von Helium­kernen deutlich mit dem Neutronen­über­schuss der Kerne abnimmt. Das bestätigt auf beein­druckende Weise die Vorhersage der Theorie.

Diese neue Erkenntnis, die weit­reichende Konsequenzen für unser Verständnis von Kernen und Kernmaterie hat, soll nun genauer unter­sucht werden: In experi­men­tellen Programmen an den Beschleuniger­anlagen des Research Center for Nuclear Physics und dem Forschungs­zentrum RIKEN in Japan, sowie an der neuen FAIR-Anlage in Darmstadt bei der GSI sollen insbesondere auch kurz­lebige neutronen­reiche Kerne studiert werden.

TU Darmstadt / RK

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