28.05.2018

Herantasten ans schwarze Loch

Event-Horizon-Teleskop nimmt schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße mit neuer Spitzenauflösung ins Visier.

Es geht weiter in Richtung der direkten Kartierung des Schattens um das schwarze Loch im Zentrum der Milch­straße. Hierzu haben Forscher das APEX-Teleskop in Chile mit speziellen Zusatz­geräten technisch aufgerüstet, um inter­fero­metrische Beobachtungen bei einer Wellen­länge von nur 1,3 Millimetern durchzuführen. Die Teil­nahme von APEX am Event-Horizon-Teleskop (EHT) enthüllt neue Details in der Struktur der Radio­quelle Sagittarius A* (Sgr A*) im Herzen der Milch­straße. Mit APEX im EHT-Verbund verdoppelt sich die Winkel­auflösung. Damit zeigt die Quelle eine asymmetrische und nicht punkt­förmige Helligkeits­verteilung mit Details von nur noch 36 Millionen Kilo­metern oder drei Schwarz­schild­radien Größe.

Abb.: Diagramm der 1,3-Millimeter-VLBI-Beobachtungen von Sgr A* aus dem Jahr 2013. Die Inlays zeigen zwei mögliche Modelle für das Erscheinungsbild von Sgr A*, die mit den Messergebnissen vereinbar sind. (Bild: E. Ros, T. Krichbaum, MPIfR)

Astronomen sind auf der Jagd nach harten Beweisen für die Gültigkeit der Einsteinschen Allgemeinen Relativitäts­theorie. Dazu gehört die direkte Abbildung des Schattens eines schwarzen Lochs. Die Zusammen­schaltung von Radio­teleskopen, die über den ganzen Erd­ball verteilt sind, macht dies möglich mittels VLBI (very long baseline interferometry). Die einzelnen Teleskope befinden sich auf Bergen und in großer Höhe, um so den Einfluss der Erd­atmosphäre auf die hoch­frequente Radio­strahlung zu minimieren, und auch um menschen­gemachten Radio­stör­signalen zu entgehen. Die kompakte Radio­quelle Sgr A*, die sich im Zentrum der Milch­straße befindet, wurde nun von derart zusammen­geschalteten Teleskopen bei kurzen Milli­meter­wellen­längen und mit Mikro­bogen­sekunden Auflösung beobachtet.

Das Forscherteam hat Sgr A* im Jahr 2013 mit VLBI-Teleskopen an vier verschiedenen Stand­orten beobachtet. Bei den Teleskopen handelt es sich um APEX in Chile, das CARMA-Array in Kalifornien, das James-Clerk-Maxwell-Teleskop (JCMT) und das Sub­milli­meter-Array (SMA), beide in Hawaii, sowie das Sub­milli­meter-Teleskop (SMT, das frühere Heinrich-Hertz-Teleskop) in Arizona. Die Detektionen der Quelle Sgr A* auf Teleskop-Basis­linien von bis zu 10.000 Kilo­metern Länge zeigen eine ultra­kompakte, asymmetrische und nicht punkt­förmige Helligkeits­verteilung.

„Die Einbeziehung des APEX-Teleskops hat die längste Basis­linie im Vergleich zu früheren Beobachtungen fast verdoppelt und führt nun zu einer spektakulären Auflösung von nur noch drei Schwarz­schild­radien”, sagt Ru-Sen Lu vom Bonner Max-Planck-Institut für Radio­astronomie (MPIfR). „Die Daten zeigen Details, die kleiner sind als die erwartete Ausdehnung des Materie­strudels rund um das zentrale schwarze Loch ”, fügt Thomas Krich­baum (ebenfalls MPIfR) hinzu, der Initiator der Milli­meter-VLBI-Beobachtungen mit APEX.

Der Standort von APEX auf der Südhalbkugel der Erde ermöglicht eine deutliche Verbesserung der Bild­qualität für eine Quelle, die soweit südlich am Himmel steht wie Sgr A* (minus 29 Grad Deklination). APEX ist auch der Wegbereiter für die Teilnahme des großen und extrem empfindlichen ALMA-Teleskops in den nun jährlich statt­findenden EHT-Beobachtungen.

„Wir haben in einer Höhe von über 5000 Metern hart daran gearbeitet, die Ausrüstung zu installieren, die eine Beteiligung des APEX-Teleskops an den 1,3-Millimeter-VLBI-Beobachtungen erst ermöglicht hat”, sagt Alan Roy, ebenfalls MPIfR, der technische Leiter des VLBI-Teams am APEX-Teleskop. „Wir sind wirklich stolz darauf, wie gut APEX bei diesem Experiment funktioniert hat.”

Das Team hat ein Modell Anpassungs­verfahren auf die Beobachtungs­resultate angewandt, um die Struktur von Sgr A* auf Skalen bis zu 25 millionstel Bogen­sekunden zu analysieren. „Wir sind im ersten Schritt davon ausgegangen, wie die Struktur der Quelle in der Nähe des Ereignis­horizontes aussehen könnte, und nicht wie vorher nur von allgemeinen Argumenten basierend auf der Form der sogenannten Visibilities”, fügt Ru-Sen Lu hinzu. „Es ist sehr ermutigend zu sehen, dass die Anpassung einer ring­förmigen Struktur sehr gut mit den Daten übereinstimmt, obwohl auch andere Modelle, wie z.B. eine Doppel­struktur möglich sind.” Zukünftige Beobachtungen mit dem sich weiter im Aufbau befindendem EHT werden diese Mehr­deutigkeiten beseitigen.

Im galaktischen Zentrum sind das schwarze Loch und seine Umgebung von dichter inter­stellarer Materie umgeben, welche die Wellen­ausbreitung der elektro­magnetischen Strahlung entlang der Sicht­linie beeinflußt. Dies führt zur inter­stellaren Szintillation, die die Schärfe der Kartierung beeinträchtigen kann. „Wir konnten jedoch zeigen, daß dieser Effekt bei den kurzen Milli­meter­wellen­längen keine wesentliche Rolle spielt,” sagt Dimitrios Psaltis von der Universität von Arizona, wissen­schaftlicher Leiter beim EHT.

„Die Ergebnisse stellen einen wichtigen Schritt im weiteren Aufbau des Event-Horizon-Teleskops dar”, schließt Sheperd Doeleman vom Harvard-Smithsonian Center for Astro­physics, dem Direktor des EHT-Projektes. „Die Analyse neuer Beobachtungen, die seit 2017 sowohl APEX als auch ALMA einschließen, werden uns unserem Ziel näher bringen, das schwarze Loch im Zentrums unserer Milch­straße direkt abzubilden.”

MPIfR / DE

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