12.06.2015

Herausforderung Klimaforschung

Ein Positionspapier des Deutschen Klimakonsortiums (DKK) zeigt Perspektiven für die Klimaforschung bis 2025 auf.

DKK-Positionspapier

Der Klimawandel ist nicht wegzudiskutieren, das zeigt beispielsweise der aktuelle, vom Umwelt­bundes­amt herausgegebene „Monitoringbericht 2015 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel“: Steigende Temperaturen, feuchtere Winter und häufigere Wetterextreme wirken sich zunehmend auf Energieversorgung, Landwirtschaft und Gesundheitsvorsorge in Deutschland aus.

Doch noch gibt es viel Forschungsbedarf, um den Klimawandel und seine Folgen zu verstehen. Daher hat das Deutsche Klimakonsortium (DKK), der Dachverband der Klimaforscher in Deutschland, am 10. Juni ein Positionspapier zu den „Perspektiven für die Klimaforschung 2015 bis 2025“ vorgelegt. Daran haben seit 2013 über 80 Wissenschaftler und Experten unter Mitarbeit des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) gearbeitet.

Das Positionspapier bestimmt drei zentrale Themenfelder, die in den nächsten zehn Jahren im Fokus von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik stehen sollten und zu denen die deutsche Forschung wertvolle Beiträge leisten kann: das Schließen von Lücken im Verständnis des Klimasystems, der Umgang mit Klimarisiken und die Rolle der Klimaforschung in der demokratischen Gesellschaft, mit dem Ziel, besser zugeschnittene Formen der Politikberatung zu entwickeln.

Um das Verständnis des Klimasystems zu verbessern, fordern die Autorinnen und Autoren des DKK-Positionspapiers den weiteren Auf- und Ausbau von Klimabeobachtungssystemen. Noch sind viele Einzelprozesse wie auch Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Klimasystemkomponenten unzureichend verstanden. Die Dynamik und Vorhersagbarkeit natürlicher Klimaschwankungen auf einem breiten Spektrum von Zeitskalen, von einigen Wochen bis hin zu Jahrzehnten und länger ist nicht abschließend geklärt.

Große Wissenslücken gibt es auch in Bezug auf biogeochemische Kreisläufe und deren Wechselwirkung mit dem physikalischen Klimasystem. Hier leistet das DLR zentrale wissenschaftliche Beiträge. „Wir wollen zukünftig noch besser verstehen, wie die Abgase von Fahrzeugen, Flugzeugen, Schiffen und Zügen die Zusammensetzung der Atmosphäre und deren Erwärmung beeinflussen“, sagt Robert Sausen vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre, der am Positionspapier mitgewirkt hat: „Dafür untersuchen wir mit Satelliten, Forschungsflugzeugen und Computermodellen, wie sich die Verkehrsemissionen auf die komplexe Atmosphärenchemie auswirken.“

Eine nationale Modellierungsstrategie sei notwendig, um Fehler der Klimamodelle zu verringern und vor allem regionale Klimavorhersagen sicherer zu machen. Drei wesentliche Unsicherheitsfaktoren sind dabei Modellfehler, die interne Variabilität des Klimas und die Unkenntnis des zukünftigen Ausstoßes von Treibhausgasen wie Kohlendioxid und anderer klimawirksamer Substanzen. Der erste Schritt für die kommenden Jahre, so die Autoren des Papiers, sei es, die Wettervorhersage und ihre Verbindung zur kurzfristigen Klimavorhersagen zu verlängern. Dies würde eine Planung von Nahrungs-, Wasser- und Energieverfügbarkeit über längere Zeiträume und eine bessere Vorbereitung auf extreme Wetterereignissen erlauben.

Ein große Herausforderung sind hochaufgelöste globale Klimasimulationen im Bereich von wenigen zehn Kilometern. Das ist in Deutschland bislang nicht umfassend und strategisch angegangen worden, heißt es im Positionspapier, nicht zuletzt in Bezug auf die steigenden Anforderungen an die IT-Infrastruktur: Eine Halbierung des Gitterpunktabstandes bei Klimasimulationen bedeutet etwa eine Verzehnfachung der benötigten Supercomputer-Kapazität.

Die Wissenschaftler und Experten fordern im DKK-Positionspapier eine stärkere Zusammenarbeit sowohl zwischen Natur- und Sozialwissenschaftlern als auch mit Praxispartnern aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Damit führt das Positionspapier weit über die klassische Klimaforschung hinaus. „In Bezug auf den Klimawandel gibt es weniger ein Erkenntnisproblem, sondern insbesondere ein Umsetzungsproblem. Es geht zunehmend um Lösungsmöglichkeiten, die in einer demokratischen Gesellschaft legitimiert und akzeptiert sein müssen“ begründet DKK-Vorstandsvorsitzende Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel: „Die Wissenschaft ist dabei nur einer unter vielen Akteuren – wenn auch mit einer besonderen Rolle und Verantwortung.“

Alexander Pawlak / DKK / DLR

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