Die Mitarbeiter des Instituts für Medizintechnik Schweinfurt (IMES) an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt testeten ein neuartiges, mobiles Diagnosesystem zur medizinischen Überwachung von Astronauten während bemannter Weltraummissionen. Die Forschung geschah in einer Kooperation mit der Firma OHB System AG, Bremen, und einem internationalen europäischen Forschungskonsortium in der Mars-Simulationsumgebung in Rio Tinto, Andalusien, Spanien, als Gastwissenschaftler im EU-Projekt Moonwalk.
Abb.: Mobiles, am Körper getragenes Prototyp-Messsystem CAVExplorer 2.0 zur Untersuchung des Herz-Kreislauf- und Gefäßsystems von Astronauten (Bild: FHWS / Kullmann)
Zusammen mit der Firma OHB System AG, Bremen, einem führenden europäischen Raumfahrtunternehmen, entwickeln die Mitarbeiter des Instituts für Medizintechnik Schweinfurt derzeit ein neuartiges, mobiles medizinisches Messsystem zur Diagnostik des Herz-Kreislaufsystems und der Gefäßeigenschaften für Anwendungen in bemannten Weltraummissionen. Wissenschaftler vermuten, dass sich bei langdauernden Aufenthalten im Weltraum die Eigenschaften der Blutgefäße ändern und die Gefäße schneller altern als auf der Erde.
Der Fokus im EU-Projekt Moonwalk zur Simulation von zukünftigen bemannten Mond- und Marsmissionen, das im 7. Rahmenprogramm der Europäischen Union im Bereich „Space Research“ gefördert wird, richtet sich insbesondere auf die Entwicklung von Zukunftstechnologien und Mensch-Maschine-Schnittstellen zur interaktiven Steuerung von Robotersystemen bei Außenbordaktivitäten der Astronauten auf den Himmelskörpern und die Beherrschung der langen Verzögerungszeiten bei der Kommunikation zwischen Erde und Mars. Daneben ist eine mobile medizinische Überwachung von größter Wichtigkeit für den Erhalt der Gesundheit der Astronauten.
Interplanetare bemannte Exkursionen, wie beispielsweise der bemannte Flug zum Mond oder zum Mars, benötigen eine intensive Vorbereitung. In einer Experimentierphase des Moonwalk-Projektes in der Mars-Simulationsumgebung Rio Tinto in Andalusien, Spanien, konnten die IMES-Mitarbeiter mit einer Forschergruppe der Firma OHB System AG, Bremen, als Gastforscher ihre neuen medizintechnischen Entwicklungen testen. Das Experimentierumfeld liegt mitten im iberischen Pyritgürtel, einer Landschaft, in der seit der Kupfersteinzeit vor 5000 Jahren Metallerze, wie Eisen, Kupfer, Silber, Blei und Gold abgebaut wurden und sich bei der dortigen Metallverarbeitung riesige Schlackenhalden auftürmten, die eine Umgebung ähnlich der Marsoberfläche schufen.
Das mobile und digitale medizintechnische Prototyp-Messsystem CAVExplorer 2.0 wird am Körper des Astronauten unter dem Astronautenanzug getragen. Wenige Elektroden am Oberkörper messen die elektrischen Signale des menschlichen Herzens. Mit Hilfe von rotem und infrarotem Licht wird die Pulswelle entlang der Blutgefäße mit einem Sensor am Ohrläppchen detektiert. Durch die elektronische Synchronisation der beiden Messsignale und die Berücksichtigung von physiologischen Zusammenhängen lässt sich der Zustand des Herz-Kreislaufsystems und der Blutgefäße berechnen, abspeichern und anzeigen.
Die medizinische Betreuung der Astronauten bei einem Marsflug sprengen die technischen Notwendigkeiten, die bei telemedizinischen Anwendungen auf der Erde erforderlich sind. Befindet sich der Mars beispielsweise in größter Erdentfernung, muss der Astronaut etwa 44 Minuten auf eine ärztliche Antwort warten, wenn er eine Anfrage wegen seines Gesundheitszustands zum betreuenden Arzt auf der Erde schickt. Aufgrund der Entwicklung der aufwändigen Techniken für die bemannten Weltraummissionen erhoffen sich die Forscher auch Fortschritte für medizinische Anwendungen auf der Erde.
HS Würzburg-Schweinfurt / DE