13.08.2004

Hitze im Norden

Amerikanische Klimaforscher gehen davon aus, dass Europa und Nordamerika in Zukunft häufiger von längeren Hitzeperioden heimgesucht werden.




Amerikanische Klimaforscher gehen davon aus, dass Europa und Nordamerika in Zukunft häufiger von längeren Hitzeperioden heimgesucht werden.

Boulder (USA) - In diesem Jahrhundert werden Europa und Nordamerika häufiger von längeren Hitzeperioden heimgesucht. Zu diesem Ergebnis kommen zumindest amerikanische Klimaforscher, die die Auswirkungen steigender Konzentrationen an Treibhausgasen auf Atmosphäre, Landflächen und Ozeane für den Zeitraum 2080 bis 2099 simuliert haben. Mit ihren Berechnungen, die sie in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichen, ermittelten sie die zu erwartenden Hitzwellen exemplarisch für die Städte Chicago und Paris.

"Gerade die extremen Wetter- und Klimaereignisse werden den größten Einfluss auf die menschliche Gesellschaft im Zuge einer globalen Erwärmung haben", sagt Gerald Meehl vom National Center for Atmospheric Research (NCAR) in Boulder. Im Vergleich zu Referenzdaten aus den Jahren 1961 bis 1990 werden in den letzten beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts ein Viertel mal mehr Hitzewellen die Stadt Chicago heimsuchen (2,08 statt 1,66 Hitzeperioden pro Jahr). Für Paris steigt die Rate von durchschnittlich 1,64 sogar um 31 Prozent auf 2,15 Ereignisse pro Jahr an.

Abb.: Die amerikanischen Klimaforscher berechneten mit ihrem Modell u. a. den durchschnittlichen Temperaturanstieg der drei wärmsten Tagestiefsttemperaturen eines Jahres für den Zeitraum von 2080 bis 2099. Diesen Wert verglichen sie mit den drei wärmsten Tagestiefsttemperaturen von 1961 to 1990. Die Zunahme der Temperatur ist in Grad Celsius dargestellt. In Deutschland ist demnach von 2080 bis 2099 mit rund 2 Grad Celsius wärmeren Hitzewellen zu rechnen, als im Vergleichszeitraum 1961 bis 1990. (Quelle: Nature/Meehl)


Parallel verlängern sich die Hitzeperioden, in denen die langjährigen Durchschnittstemperaturen um mindestens drei Grad überschritten werden, von maximal 8,85 auf 9,24 Tage an den Großen Seen Nordamerikas und in Paris von 12,69 auf 17,04 Tage. Abgesehen von diesen Beispielen für klimatisch gemäßigte Breiten sollen die Hitzewellen im Mittelmeerraum und im Süden und Westen der Vereinigten Staaten in Zukunft noch stärker ausgeprägt sein. Zum Vergleich, die derzeit herrschende Warmfront über Deutschland entspricht weitestgehend den normalen Sommertemperaturen und kann nicht als anomale Hitzewellen bezeichnet werden.

Für ihre Voraussagen nutzten Meehl und seine Kollegin Claudia Tebaldi ein ausgefeiltes Modell, dass parallel die Wechselwirkungen der Klimaparameter von Atmosphäre, Ozeanen, Landflächen und Eisgebieten berücksichtigt. Mit diesem "Parallel Climate Model" erreichten sie eine räumliche Auflösung von bis zu einem Längengrad. Allerdings extrapolierten sie den derzeitigen Anstieg an erderwärmenden Treibhausgasen ohne nennenswerte Einschränkungen auf das Ende dieses Jahrhunderts. Mögliche Emissionssenkungen, die politische und wirtschaftliche Entscheidungen mit sich bringen könnten, betrachteten sie eher pessimistisch. Daher handelt es sich bei dieser Studie eher um ein "Worst-Case Scenario".

Dennoch werde nach Meinung der NCAR das Risiko für die Gesundheit der Menschen durch Hitzewellen eher zu- als abnehmen. So starben im Juli 1995 in Chicago 739 Menschen infolge einer mehrtägigen Hitzewelle. Und über 15.000 Hitzetote werden mit dem ungewöhnlich heißen August letztes Jahr in Frankreich in Verbindung gebracht. Hitzeperioden gelten damit - zumindest für die hochindustrialisierten, gemäßigten Regionen - als Hauptursache für Opfer einer globalen Erwärmung.

Jan Oliver Löfken

Weitere Infos:

  • Originalveröffentlichung:
    Gerald A. Meehl und Claudia Tebaldi, More Intense, More Frequent, and Longer Lasting Heat Waves in the 21st Century, Science 305, 994 (2004).  
  • National Center for Atmospheric Research (NCAR): 
    http://www.ncar.ucar.edu/  
  • Climate and Global Dynamics (CGD) Division: 
    http://www.cgd.ucar.edu/  
  • Deutsches Klimarechenzentrum: 
    http://www.dkrz.de  
  • Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC): 
    http://www.ipcc.ch/  
  • Spezielle Dokumente und Informationen zum Thema Klimamodelle finden Sie ganz einfach mit der Findemaschine.

Weitere Literatur:

  • World Health Organization (WHO), “The health impacts of 2003 summer heat waves,” WHO Briefing Note for the Delegations of the 53rd session of the WHO Regional Committee for Europe, Vienna, Austria, 8 to 11 September 2003: 
    http://www.euro.who.int/document/Gch/HEAT-WAVES%20RC3.pdf  
  • Climate Change 2001: The Scientific Basis. Contribution of Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change \[Houghton, J. T., Y. Ding, D. J. Griggs, M. Noguer, P. van der Linden, X. Dai, K. Maskell, C. I. Johnson (Hrsg.)\]. Cambridge, University Press, 525

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