16.09.2004

Hobby-Astronomen auf der Jagd

Mit Teleskop und Internet fahnden Kometen-Jäger nach verräterischen Nebelflecken. Glück und Ausdauer sind gefragt.


Hobby-Astronomen auf der Jagd

Mit Teleskop und Internet fahnden Kometen-Jäger nach verräterischen Nebelflecken. Glück und Ausdauer sind gefragt.

Heidelberg (dpa) - Ein winziger Nebelfleck im weiten Sternenhimmel hat Sebastian Hönigs Leben verändert. Ihm ist gelungen, wovon viele Hobby-Astronomen träumen: Er hat vor zwei Jahren mit dem Teleskop einen Kometen aufgespürt. Seitdem ist sein Name in der Liste der Entdecker im Zentrum für astronomische Meldungen im amerikanischen Cambridge (US-Staat Massachusetts) verewigt. Der Himmelskörper ist ebenfalls nach ihm benannt. Das ist der Hauptgewinn, den Hunderte von Sternguckern weltweit anstreben. Mit der «langen Nacht der Sterne» an diesem Samstag (18. September) wollen die Vereinigung der Sternfreunde (VdS) und das Hamburger Magazin «Stern» bundesweit mehr Laien für die Astronomie begeistern.

Den Vergleich mit einem Sechser im Lotto hört der 25 Jahre alte Physiker Hönig aus Heidelberg nicht gern. Natürlich gehört Glück zur Kometenjagd, aber auch jede Menge Mühe. «Im Schnitt sucht man 1000 bis 2000 Stunden den Himmel ab, bis man einen Kometen findet.» Hönig kam allerdings schon nach etwa 100 Stunden zum Erfolg - und noch dazu in einer Nacht, in der er eigentlich nur zur Entspannung in die Sterne schauen wollte. «Ich konnte nicht schlafen und bin einfach mit meinem Teleskop losgezogen», erzählt er. Der Zufall wollte es, dass ausgerechnet in diesem Augenblick im Sternbild des Pegasus der ersehnte Nebelfleck schimmerte.

Der Hobby-Astronom schaut seit seinem sechsten Lebensjahr bei Sternwarten in die Röhre. Mit 15 Jahren kaufte er sein erstes Teleskop. Von seiner Entdeckung beflügelt, will er jetzt noch einen Schritt weitergehen. Zurzeit ist ein Teleskop mit einer Öffnung von 14 Zoll (36 Zentimeter) auf dem Weg in eine Privatsternwarte in Chile. Dort wird es aufgestellt, und Hönig kann es übers Internet steuern und Bilder abrufen. Die Südhalbkugel gilt den Astonomen als das wesentlich interessanteres «Jagdrevier».

Rund 15 000 Euro investiert der Forscher in das Projekt. Ein Teil davon stammt von der Melde-Zentrale, die jedes Jahr 20 000 Dollar an die vier oder fünf erfolgreichen Kometenjäger aus dem Amateurbereich verteilt. Voraussetzung ist, dass sie den Himmelskörper mit dem Teleskop entdeckt haben.

Die meisten Kometen - rund 100 im Jahr - werden inzwischen nämlich im Internet gefunden. Die europäisch-amerikanische Raumsonde «Soho» zur Sonnenbeobachtung stellt alle 15 Minuten ihre Bilder ins Netz. Hobby-Astronomen aus der ganzen Welt durchforsten diese Daten auf der Suche nach den verräterischen Wolken.

«Das kann zu einer wahren Sucht werden», erzählt Kometenjäger Maik Meyer aus Kelkheim im Taunus. Er hat selbst etliche Stunden vor dem Bildschirm verbracht und allein in den vergangenen Monaten vier Treffer gelandet. «Man braucht Erfahrung dazu, denn die Kometen ziehen immer in ähnlichen Bahnen.» Eine dieser Bahnen hat er selbst berechnet. Sie wurde inzwischen nach ihm «Meyer-Gruppe» getauft.

Die Internetsucher dürfen den Kometen allerdings nicht ihren Namen aufdrücken. Diese werden nach der Sonde «Soho» durchnummeriert. «Das ist auch korrekt so», sagt Meyer. «Mit dem Auge einen Kometen zu finden, ist eine viel größere Leistung.» Das Internet ist für ihn nur eine Alternative für all jene, die in der hellen Großstadt keinen klaren Blick auf den Himmel erhaschen können oder nicht die Zeit haben, sich Nachts auf die Lauer zu legen.

Ein großer Unterschied besteht für Meyer auch in der Jagdtrophäe. «Die Kometen auf den Soho-Bildern kann nur die Sonde sehen, den Komet "Hönig" hätte dagegen jeder geübte Astronom mit dem Feldstecher verfolgen können.» Aber auch dieser Anblick war nur von kurzer Dauer, denn die Kometen ziehen schnell vorbei. Die meisten von ihnen zerfallen wenige Tage nach ihrer Entdeckung in der Nähe der Sonne zu Staub - ein Schicksal, das auch «Hönig» widerfuhr. Andere verschwinden auf riesigen Umlaufbahnen in den unendlichen Weiten, um in hunderten oder tausenden von Jahren zurückzukehren und sich erneut entdecken zu lassen.

Ingo Senft-Werner, dpa

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