Hocheffiziente Teststrecke für induktives Laden
Pilotversuch zeigte hohe Wirkungsgrade von mehr als neunzig Prozent.
Zwanzig Meter lang ist die Teststrecke auf dem Campus der Universität Stuttgart. E-Fahrzeuge können dort während der Fahrt induktiv aufgeladen werden – mit einer enormen Effizienz, die so bisher noch nicht erreicht wurde. Entwickelt hat die Teststrecke ein Forschungsteam des Instituts für Elektrische Energiewandlung (IEW) unter der Leitung von Nejila Parspour im Rahmen des MobiLab-Teilprojekts „Forschungsstraße: Dynamisches Laden und sichere Energieversorgung“.
„Dank dynamischen Ladens können wir die Reichweite der Fahrzeuge vergrößern, die Batteriekapazität verringern und die notwendige Ladezeit drastisch reduzieren“, erklärt Parspour. Das Besondere an der Teststrecke der Universität Stuttgart: Es sind Wirkungsgrade von mehr als neunzig Prozent realisierbar. Damit ist die Effizienz konkurrenzfähig zum konduktiven Laden mit einem Kabel. „Mit diesem hohen Wirkungsgrad haben wir einen Meilenstein beim induktiven dynamischen Laden erreicht. Wir kennen kein System, das ähnlich effizient ist“, sagt Parspour, die das Projekt gemeinsam mit Krzysztof Rudion vom Institut für Energieübertragung und Hochspannungstechnik (IEH) betreut.
Die Teststrecke auf dem Campus Vaihingen besteht aus vierzig einzelnen Spulenelementen mit einer Grundfläche von 50 auf 48 Zentimeter. Der Abstand zwischen dem Fahrzeug und den Spulen beträgt zwanzig Zentimeter. Die Strecke erkennt die Position des Fahrzeugs über dem Spulensystem automatisch und versorgt nur die relevanten Primärspulen im Boden. Durch die magnetische Kopplung zur sekundärseitigen Spule im Fahrzeug wird Energie übertragen. Die übertragene Leistung ist proportional zur sekundärseitigen Spulenfläche. Bei gleicher Grundfläche von 0,24 Quadratmetern wird unabhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit kontinuierlich eine Leistung von zehn Kilowatt übertragen. Zum Vergleich: Eine herkömmliche Steckdose liefert 2,3 kW Dauerleistung zum Laden eines E-Autos. Insgesamt bietet die Teststrecke eine konstante und unterbrechungsfreie Leistungsübertragung während der Fahrt.
Insbesondere für autonome Fahrzeuge wie etwa Shuttle-Fahrzeuge bieten induktive Ladestrecken erhebliche Vorteile. So könnten die Fahrzeuge rund um die Uhr und ohne Standzeiten während des Ladevorgangs im Einsatz sein. In einem nächsten Schritt wollen Parspour und ihr Team die Technologie deshalb beim autonom fahrenden CampusShuttle der Universität Stuttgart erproben, das derzeit eingelernt wird. Dazu soll die Teststrecke zu einer Forschungsstraße auf dem Campus Vaihingen ausgeweitet werden.
Im Rahmen des Projekts zum induktiven dynamischen Laden wollen Parspour und ihr Team das bidirektionale Laden weiter erforschen. Damit könnten die Fahrzeuge beispielsweise als Energiepuffer genutzt werden. Zudem möchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Leistungsdichte, also die Energieübertragungs-Leistung pro Fahrstrecke, weiter erhöhen.
U. Stuttgart / JOL