29.09.2016

Hochempfindliche Diagnostik mit Gammastrahlung

Neues bildgebendes Verfahren nutzt Kernspin-Technologie und benötigt nur noch sehr geringe Mengen an radioaktiven Substanzen.

Röntgen, Magnetresonanz, Ultraschall: Mit vielen Methoden blicken Ärzte in das Körperinnere und können damit zuverlässig Krankheiten diagnostizieren. Ein weiteres Verfahren haben nun amerikanische Physiker im Blick. In einem ersten Prototyp gelang es ihnen, Gamma­strahlung von relativ wenigen radioaktiven Edelgas­atomen mit hoher Sensitivität nachzuweisen. Auf dieser Basis könnte man ein neues bild­gebendes Verfahren entwickeln, um etwa das Lungen­volumen genau bestimmen oder auch exotische Radio­nuklide besser untersuchen zu können.

Abb.: Aufbau eines Gammastrahlen-Detektors, der die Basis für ein neues bildgebendes Verfahren für medizinische Diagnosen legen könnte. (Bild: G. Cates)

„Für unsere Methode nutzten wir die Technologie von Magnetresonanz-Verfahren, wiesen dabei aber Gamma­strahlung statt schwacher Radio­wellen nach“, sagt Gordon D. Cates von der University of Virginia in Charlottesville. Für ihren Prototyp füllten Cates und Kollegen eine winzige Menge radio­aktives, meta­stabiles Xenon-131 zusammen mit Stickstoff als Trägergas in einen wenige Zentimeter großen, hohlen Glas­behälter in der Form eines chinesischen Schrift­zeichens. Rund um diesen Hohlkörper ordneten sie Magnet­spulen und drei Detektoren für Gamma­strahlung, bestehend aus einem Natriumjodid-Kristall und einem Elektronen­vervielfacher, an. Mit diesem Aufbau gelang es ihnen, die beim radioaktiven Zerfall ausgesendete Gamma­strahlung aufzufangen und aus diesen Daten ein exaktes Bild der Glaszelle zu erhalten.

Um mit Gammastrahlung eine Ortsinformation für bild­gebende Verfahren zu erhalten, war die anisotrope Emission von Gamma­strahlung von grundlegender Bedeutung. Dazu richteten die Forscher die Kernspins der Xenon­atome mit einem 40-Watt-Laser bei der Temperatur von 190 Grad Celsius aus. Über dieses optische Pumpen erhielten sie nach 100 Sekunden einen Polarisations­grad von etwa 60 Prozent. Danach ließen sie – analog zum Verfahren in konventionellen Kernspin­tomographen – ein statisches und ein oszillierendes Magnet­feld auf die Xenon­atome wirken.

Mit dieser Methode reichte die geringe Menge von etwa 400 Billionen Xenon­atomen aus, um über die Gamma­strahlungs­signale ein Abbild des Glasbehälters zu erzeugen. Durch das mit einer Frequenz von 960 Hertz oszillierende Magnet­feld, das die Spins der Xenonatome in eine Präzessions­bewegung versetzte, ließ sich die Richtung der Gamma­strahlungs­emission beeinflussen. Die drei Detektoren, die jeweils senkrecht zueinander angeordnet waren, wiesen entsprechend mal mehr und mal weniger Gamma­strahlung nach. Aus diesen von der Richtung abhängigen Mess­signalen ließ sich schließlich das Bild der gläsernen Zelle rekonstruieren.

Cates und seine Kollegen konnten mit ihrem Prototyp zeigen, dass Gammastrahlung prinzipiell für ein bildgebendes Diagnose­verfahren mit räumlicher Auflösung geeignet ist. Von Vorteil war dabei, dass wegen der hohen Nachweis­wahrscheinlichkeit für Gamma­strahlung nur sehr geringe Mengen radioaktiver Substanzen nötig waren. Allerdings ist dieses Verfahren mit derzeit noch 60 Stunden Messzeit für die medizinische Diagnostik nicht geeignet.

Weitere Arbeiten mit anderen radioaktiven Substanzen wie beispiels­weise Krypton-79 könnten nun folgen, um die Messdauer deutlich zu reduzieren. Denn Cates ist sich bewusst, dass Xenon-131 nicht die ideale, aber eine leicht verfügbare Substanz für diese Messungen darstellt. Sollte eine Verkürzung der Mess­zeiten etwa mit stärkeren Magnet­feldern oder in Mikro­blasen eingeschlossenen und dadurch konzentrieren radioaktiven Gasen möglich werden, ließe sich diese Methode etwa zu genauen Bestimmung des Lungen­volumens oder für krankhafte Veränderung von Knochen und Organen nutzen. Auch jenseits der Medizin­technik hält Cates genauere Analysen von Radio­nukliden für möglich.

Jan Oliver Löfken

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