Hochfester Beton für schlankere Bauten
Neues Baumaterial ist dank einer hohen Dichte fast so stabil wie Stahl.
Auf der Strecke der Tegernsee-Bahn bei Gmund ist die erste Eisenbahnbrücke in Deutschland aus ultrahochfestem Beton in Betrieb genommen worden. Der neuartige Hochleistungsbeton ermöglichte eine besonders schlanke Bauweise. Ingenieure der Technischen Universität München TUM haben das Projekt geplant und wissenschaftlich begleitet. Der ultrahochfeste Beton ist fast so widerstandsfähig wie Stahl, hat eine lange Lebensdauer und ermöglicht schlanke Bauwerke. Trotz seiner positiven Eigenschaften wird er in Deutschland jedoch kaum eingesetzt.
Abb.: Bau der ersten Eisenbahnbrücke aus ultrahochfestem Beton in Deutschland am Tegernsee. (Bild: U. Benz, TUM)
„Es handelt sich um ein neues Material, das sich anders verhält als der herkömmliche Beton“, erklärt Oliver Fischer vom Lehrstuhl für Massivbau. „In Deutschland existiert noch kein eingeführtes Regelwerk für seinen Einsatz.“ Das Material wird international bereits seit Jahren erforscht. Das Besondere: Durch seine Zusammensetzung ist der Werkstoff besonders dicht, besitzt also kaum Hohlräume, in die Nässe oder Salze eindringen können, die das Material schädigen. Auch hält es im Vergleich zum konventionellen Beton, der derzeit im Brückenbau verwendet wird, dem vier- bis fünffachen Druck stand.
Für die 6,50 Meter lange Eisenbahnbrücke über den Dürnbach bei Gmund ist das Material ideal. Denn der Abstand des Baches zur Unterkante der neuen Brücke sollte für den Fall eines Hochwassers so groß wie möglich sein. Durch das Material sowie flachere Bahnschwellen konnten mehr als 25 Zentimeter Bauhöhe eingespart werden. Das neue Brückenteil aus ultrahochfesten Beton ist relativ leicht, sodass die von der vorherigen Brücke vorhandenen Unterbauten weiter genutzt werden konnten. Das vergleichsweise geringe Eigengewicht erleichterte den Transport und die Verlegung des Bauwerks erheblich, weshalb das Gleis nur für einen relativ kurzen Zeitraum gesperrt werden musste. „Eine intensive Machbarkeitsprüfung zur Anwendung des neuen Werkstoffes ergab für das Pilotprojekt wesentliche konstruktive Vorteile. Wir freuen uns daher, dass wir die TU München in der Erstanwendung für eine Bahnbrücke unterstützen können und dass wir einen weiteren, wichtigen Beitrag, auch für das Oberland, leisten zu können“, sagt Heino Seeger von der Tegernsee-Bahn TBG.
Die Forscher erhoffen sich durch Messungen während des laufenden Betriebs wichtige Erkenntnisse, die unter anderem in ein zukünftiges Regelwerk für die Anwendung des Materials einfließen sollen, zum Beispiel auch für die Verstärkung bestehender Brücken. Die ersten Ergebnisse bestätigen die vorher gemachten Berechnungen. Die hohe Dichte und Festigkeit erhält der ultrahochfeste Beton durch ein genau abgestimmtes Verhältnis von Zementpartikeln, feinen Zusatzstoffen und abgestuften Gesteinskörnungen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des ultrahochfesten Betons sind Mikrostahlfasern. Sie sorgen für eine höhere Zugfestigkeit.
In einem nächsten Schritt wollen die Ingenieure die Zugfestigkeit des ultrahochfesten Betons noch weiter erhöhen: zum Beispiel durch Karbonkurzfasern aus dem 3D-Drucker. Diese können zum einen leichter in eine bestimmte Richtung im Beton ausgerichtet werden, zum anderen vernetzen sie sich besser mit dem Material und ermöglichen eine noch höhere Tragfähigkeit sowie eine längere Lebensdauer.
TUM / JOL