Hochschulpakt 2020
Bund und Länder wollen mehr Studienplätze, doch die Hochschulrektoren meinen, dieser Minipakt für Hochschulen reicht nicht aus.
Mehr Studienplätze
Berlin (dpa) - Bund und Länder wollen für 90 000 junge Menschen aus den geburtenstarken Schulabgänger-Jahrgängen zusätzliche Studienplätze schaffen. Dazu bietet der Bund den Ländern im Rahmen des geplanten «Hochschulpaktes 2020» an, die Hälfte der Kosten - knapp eine Milliarde Euro - zu übernehmen, teilte Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) am Mittwoch mit. Über die «Grundlinie» des Paktes habe sie sich bei einem Treffen mit ihren Länderkollegen am Vorabend verständigt. Zudem möchte sie bis 2010 die Forschung an den Hochschulen mit zusätzlich 700 Millionen Euro unterstützten.
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) nannte die Finanzhilfen für die dringend benötigten Studienplätze viel zu gering. Allein zum Höhepunkt des Bewerberandrangs 2013 rechnet die HRK mit einem Mehrbedarf von 3,4 Milliarden Euro. «Wir brauchen ein entschlossenes Handeln, keinen Tropfen auf den heißen Stein», sagte HRK-Präsidentin Margret Wintermantel.
Schavan sagte, Bund und Länder müssten die zusätzlichen Studenten «als eine Chance begreifen». Angesichts der steigenden Bewerberzahlen seien die Schaffung von mehr Lehrangeboten wie der Ausbau der Forschung «eine nationale Herausforderung».
Offen ist allerdings, wie Schavan die angekündigte Milliarde Euro für die Studienplätze aufbringen will. Nach der Finanzplanung des Bundes hat sie bis 2010 für den Hochschulpakt insgesamt eine knappe Milliarde zur Verfügung. Nach Abzug der 700 Millionen für die Forschung blieben ihr nur 300 Millionen für zusätzliche Studienplätze ab dem Wintersemester 2007/208, bestätigte Schavan. Diese will sie durch Einsparungen in ihrem regulären Etat bis 2010 auf 565 Millionen aufstocken. Darüber hinaus könnten heute noch keine Deckungszusagen gegeben werden. Sie sei aber zuversichtlich, sagte Schavan.
Die Vorsitzende des Bundestags-Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD) sagte der dpa, angesichts fehlender Studienplätze und Lehrstellen dürfe der «Hochschulpakt nicht zu forschungslastig werden». Für die High-Tech-Forschung stelle der Bund ohnehin schon bis 2010 sechs Milliarden zusätzlich zur Verfügung. «Wir brauchen mehr Studienplätze und vor allem mehr Qualität in der Lehre.»
Prognosen zufolge steigen die Studienbewerberzahlen bis 2013 stetig an - von gut 350 000 heute auf über 440 000. Je nach Entwicklung der Studienbereitschaft kann sogar mit noch höheren Zahlen gerechnet werden. Dies gilt insbesondere für 2011 bis 2013, wenn zudem noch doppelte Entlass-Jahrgänge wegen der Schulzeitverkürzung bis zum Abitur ein Studium aufnehmen wollen.
Ein weiteres Treffen der Wissenschaftsminister von Bund und Ländern ist am 19. Oktober vorgesehen. Der SPD-Ländersprecher und rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner sagte: «Natürlich sind noch wichtige Details zu klären. Aber ich bin guten Mutes.»
Einige ostdeutsche Bundesländer planen bei den weiteren Gesprächen ein gemeinsames Vorgehen. Wegen des Geburtenrückganges sind dort heute schon Studienkapazitäten ungenutzt. Die Ost-Länder bieten an, diese zu erhalten, sofern sie von den West-Ländern oder vom Bund einen finanziellen Ausgleich erhalten.
Die HRK-Präsidentin verwies darauf, dass in Deutschland 37 Prozent eines Jahrgangs ein Studium aufnehmen, im Schnitt der anderen Industrienationen 53 Prozent. Wintermantel warnte davor, aus falscher Sparpolitik «junge Leute vor den Toren der Hochschulen abzuweisen». Für eine «starke Akademiker-Generation» benötigten die Hochschulen aber mehr Geld. Das Hilfskonzept sieht dazu die Einstellung von zusätzlichen Dozenten mit erhöhter Lehrverpflichtung vor. Angestrebt werden zudem Lehraufträge für Doktoranden, die Beschäftigung pensionierter «Senior-Professoren» sowie vorgezogene Einstellungen.
Bei der Forschungsförderung will Schavan künftig bei Projekten der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine zusätzliche 20-Prozent- Pauschale für Sachkosten einführen.