07.03.2018

Hochspannungen per Laser messen

Genauigkeit um das Zwanzigfache gesteigert.

Elektrische Spannungen im Bereich bis etwa zehn Volt können direkt bestimmt werden, indem man sie mit Referenz­spannungen ver­gleicht, die auf dem Josephson-Standard basieren. Für die Messung hoher Spannungen werden Hoch­spannungs­teiler ange­wendet, die auf­wändig in mehreren Stufen kali­briert werden müssen. Sie trans­for­mieren die Hoch­spannung auf Spannungen unter zehn Volt herunter. Die welt­weit kleinste derzeit zu erreichende relative Unsicher­heit liegt bei diesem Ver­fahren bei etwa 1 ppm, was bei einer Spannung von 20.000 Volt einer Unsicher­heit von 20 Milli­volt ent­spricht.

Forschern der TU Darmstadt ist es in Zusammenarbeit mit Wissen­schaftlern der Physi­ka­lisch-Tech­nischen Bundes­anstalt und der Uni Mainz gelungen, die Genauig­keit von laser­basierten Hoch­spannungs­messungen um das Zwanzig­fache zu steigern. Die Ergeb­nisse weisen den Weg in Richtung der Rück­führung hoher Spannungen auf einen Quanten­standard. Die Technik beruht darauf, dass Ionen mit der zu messenden Spannung beschleunigt werden und die dadurch hervor­gerufene Geschwin­dig­keits­ände­rung gemessen wird. Dazu wird der Doppler­effekt ein­ge­setzt.

Um diesen Effekt auszunutzen, wird ein Ionenstrahl möglichst exakt kollinear mit zwei Laser­strahlen über­lagert. Einen der beiden Laser stellt man so ein, dass seine Wellen­länge an die Geschwin­dig­keit der Ionen vor der Beschleu­ni­gung ange­passt ist, während der zweite Laser so ein­ge­richtet wird, dass er mit den Ionen nach der Beschleu­ni­gung inter­agiert. Aus der Diffe­renz der beiden Laser­frequenzen lässt sich die Geschwin­dig­keits­ände­rung berechnen und so die ange­legte Beschleu­ni­gungs­spannung ermitteln. Das reiz­volle an dieser Technik ist, dass in die Berech­nung der Beschleu­ni­gungs­spannung neben der gemes­senen Laser­frequenz nur unver­änder­liche Natur­konstanten ein­gehen: die Licht­ge­schwin­digk­eit, die Masse und Ladung des Ions und die Frequenz der ver­wen­deten Spektral­linie, wenn sich das Ion in Ruhe befindet. Eine solche Rück­führung einer Mess­größe auf die Konstanten eines Quanten­systems wird als „Quanten­normal“ bezeichnet.

Erste Experimente zur Realisierung eines solchen Quantennormals mit kolline­arer Laser­spektro­skopie an elektro­statisch beschleu­nigten Ionen in den 1980er Jahren und um die Jahr­tausend­wende konnten mit einer Präzi­sion von etwa 100 ppm nicht an die Genauig­keit konven­tio­neller Hoch­spannungs­messungen heran­reichen. Wissen­schaftlern der TU Darm­stadt ist es nun gelungen, eine relative Genauig­keit von 5 ppm zu erreichen. Zur Demon­stra­tion der Genauig­keit stellte die PTB Hoch­präzi­sions­spannungs­teiler für Vergleichs­messungen zur Ver­fügung. Möglich wurde der ent­schei­dende Fort­schritt gegen­über den voran­ge­gan­genen Experi­menten durch die Ver­wen­dung eines optischen Frequenz­kamms zur präzisen Messung der Laser­frequenzen und eine Mess­methode mit zwei­facher Laser­anre­gung und differen­tieller Spannungs­messung, die es erlaubt, systema­tische Fehler­quellen zu elimi­nieren. Weiter­hin wurde durch ein eigens ent­wickeltes Optimie­rungs­ver­fahren sicher­ge­stellt, dass Ionen- und Laser­strahl mög­lichst genau auf einer Linie über­lagert sind.

Konkret wurden Calcium-Ionen zunächst auf eine Trans­port­energie vor­be­schleunigt, um dann mit einem Laser mit fester Frequenz markiert zu werden. Das bedeutet, dass nur Ionen einer aus­ge­wählten Geschwin­dig­keit von dem Laser ange­regt und in einen meta­stabilen Zustand über­führt wurden. Darauf folgten die Beschleu­ni­gung mit der zu messenden Hoch­spannung und der Ein­tritt in eine weitere Wechsel­wirkungs­zone. Dort wurden die zuvor markierten Ionen dann von einem zweiten Laser so ange­regt, dass sie beim anschlie­ßenden Zer­fall in den Grund­zustand ein Photon emit­tierten, welches dann detek­tiert werden konnte. Aus den genau bekannten Über­gangs­frequenzen für ruhende Ionen, der beob­ach­teten Resonanz­frequenzen der sich im Strahl bewe­genden Ionen und der Formel für den optischen Doppler­effekt konnten die Wissen­schaftler dann die zur Beschleu­ni­gung ange­legte Hoch­spannung berechnen.

„Um die Genauigkeit unseres Verfahrens weiter zu steigern, bauen wir derzeit unser Experi­ment um, so dass wir in Zukunft Indium­ionen für die Spektro­skopie ver­wenden können“, erläutert der Jörg Krämer von der TU Darm­stadt. Die hierzu vorge­sehene Flüssig­metall­ionen­quelle soll hervor­ragende Strahl­eigen­schaften bieten und der ver­wendete optische Über­gang weist eine sehr geringe spektrale Linien­breite auf. Die Messung von Hoch­spannungen mit einer solchen Präzi­sion ist vor allen Dingen bei Grund­lagen­experi­menten erforder­lich. Dazu zählt das KATRIN-Experi­ment am KIT in Karls­ruhe, mit dem Wissen­schaftler die bis­lang nicht bekannte Masse der Neutrinos bestimmen möchten. Aber auch für die künftige Hoch­spannungs-Gleich­strom-Energie­über­tragung werden präzise Messungen von Hoch­spannungen wichtig sein. Die neue Technik könnte zum Beispiel auch genutzt werden, um große Hoch­spannungs­teiler für solche Anlagen präziser zu kali­brieren.

TU Darmstadt / RK

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