29.04.2011

Höhenstrahlung hörbar

Eine Ausstellung in Heidelberg zeigt Werke von Ecke Bonk, der das Weltbild der Naturwissenschaften, insbesondere der Physik, künstlerisch auslotet.

Kann man den Zufall hören? In den Räumen des Heidelberger Kunstvereins schon. Dieser präsentiert Werke des Künstlers Ecke Bonk, die sich immer wieder naturwissenschaftlicher Prozesse und Instrumente bedienen, wie etwa in der Installation „Chaosmos Soundings I / Das Observatorium“, die im Zentrum der Heidelberger Ausstellung steht. Ein Flügel steht auf einer Bühne. Aus seinem Inneren erklingen wie von unsichtbarer Hand gespielt einzelne Töne. Der Flügel übersetzt die allgegenwärtige, jedoch für den Menschen nicht wahrnehmbare kosmische Strahlung, indem ein Geigerzähler seine Signale über einen Computer an das Instrument weitergibt. Welcher Ton und mit welchem Anschlag erklingt, ist der Interpretation des Künstlers überlassen. Leider gibt es keine Wilsonsche Nebelkammer wie bei Bonks Beitrag zur Documenta X zu sehen. Das wäre zum hundertsten Geburtstag dieser Erfindung, welche die Elementarteilchen sichtbar macht, eine passende Ergänzung gewesen.

Für den Titel der zentralen Klanginstallation hat Ecke Bonk eine Wortschöpfung aus „Finnegans Wake“ von James Joyce übernommen, in der die zwei gegensätzlichen Begriffe Chaos und Kosmos miteinander verschmelzen. Aus dem rätselhaften Werk von Joyce stammt auch der Name „Quarks“ für die elementaren Bausteine des Standardmodells der Teilchenphysik. Der Physiker Murray Gell-Mann entnahm sie der Seite 383, die Ecke Bonk in Form eines Bleisatzes und einer Druckseite in der Ausstellung präsentiert.

An den Wänden der Ausstellungshalle findet sich eine Porträtserie bedeutender Physiker und, mit Lise Meitner, einer Physikerin. Sie alle haben Pionierarbeit bei der Erforschung der Grundbausteine der Welt geleistet. Die mit Tintenstrahldruckern auf Leinwand übertragenen Porträts zeigen Menschen, die das moderne physikalische Weltbild und somit unsere Wahrnehmung der Welt entscheidend geformt und geprägt haben.

In einem Raum hat Bonk Instrumente und Abhandlungen aus der Sammlung der Heidelberger Physik zusammengestellt. Die Exponate wirken zwar auf den ersten Blick wie zufällig ausgewählt, aber jedes markiert eine wichtige Etappe in der Geschichte der Physik und der modernen Sicht auf die Natur.

Die Ausstellung lädt noch bis zum 15. Mai 2011 dazu ein, über die unablässigen und immer wieder verworfenen Versuche von Wissenschaft, Philosophie und Religion nachzudenken, eine Ordnung hinter dem vermeintlich Ungeordneten zu erkennen.

Am 14. Mai findet ab 15 Uhr die Veranstaltung „Der ganze Kosmos ist ein einziges Observatorium“ statt, die sich in Vorträgen und Gesprächen mit „den Wechselwirkungen zwischen Kunst und Wissenschaft, Wahrscheinlichkeitstheorien, den Kosmos als Informationsraum und die Hybris der Menschen“ befasst. Die Ausstellung wird an diesem Tag ab 22 Uhr bis Sonntag zur „Langen Nacht des Observatoriums“ geöffnet sein. Nachtschwärmer können dann bis 8 Uhr morgens den Klängen der Höhenstrahlung lauschen.

Heidelberger Kunstverein / Alexander Pawlak
 

 

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