Höhere Spannungen aus Perowskit-Solarzellen
Zusatzschicht dämpft die unerwünschte Rekombination von Ladungsträgern.
In nur wenigen Jahren stiegen die Wirkungsgrade von Perowskit-Solarzellen von gut vier auf deutlich über zwanzig Prozent. Aktuell wird an der Optimierung der Langlebigkeit und der Produktionsprozesse gearbeitet. Chinesische und britische Wissenschaftlern gelang es nun, die unerwünschte Rekombination von Ladungsträgern weiter zu verringern. Parallel steigerten sie die Leerlaufspannung ihrer Prototypen um etwa 100 Millivolt. Damit lässt sich die Ausgangsleistung von Perowskit-Solarzellen ebenfalls erhöhen.
Abb.: Ein Prototyp der optimierten, mehrschichtigen Perowskit-Solarzelle mit über 21 Prozent Wirkungsgrad und einer Leerlaufspannung von 1,21 Volt (Bild: R. Zhu, Peking U.)
Um dieses Ziel zu erreichen, nutzten die Arbeitsgruppen um Riu Zhu von der Peking University und Henry J. Snaith von der University of Oxford eine ausgeklügelte Stapelung der lichtaktiven, Ladungsträger absorbierenden und als Elektroden dienenden Schichten. Auf einem durchsichtigen und elektrisch leitfähigen Substrat aus Indiumzinnoxid (ITO) legten sie eine nur zehn Nanometer Polyester-Schicht (PTTA). Darauf trugen sie eine Flüssigkeit auf, aus der eine etwa 550 Nanometer dicke Schicht aus Perowskit herauskristallisierte. Bevor nun weitere Schichten für die Aufnahme der photovoltaisch erzeugten Ladungsträger und für den elektrischen Anschluss folgten, variierten sie die Oberfläche der Perowskit-Schicht durch die Zugabe von Guanidinbromid.
Dank dieses Salzes einer organischen, stickstoffhaltigen Säure bildete sich eine zusätzlich, wenige Nanometer dünne Schicht an der Grenzfläche zwischen herkömmlichen Perowskit und der Elektronen absorbierenden Lage. Genau in dieser Variation fanden Zhu und Kollegen den Schlüssel für eine höhere Leerlaufspannung. Insgesamt fertigten die Forscher etwa 200 Prototypen, um das beste Rezept für ihre optimierten Perowskit-Solarzellen zu finden.
Den detaillierten Aufbau der Solarzellen untersuchten die Forscher sowohl mit einem hochauflösenden Rasterelektronenmikroskop als auch über Röntgenbeugungsverfahren. An der variierten Grenzschicht offenbarten sich so Regionen mit einer höheren Elektronendichte. Die durchschnittliche Korngröße der Perowskit-Kristalle bestimmten sie auf etwa 42 Nanometern. Dank einer besseren Kontrolle der Grenzschicht erwarteten die Forscher eine bessere Absorption von Elektronen und über die leichte Vergrößerung der elektronischen Bandlücke auch eine erhöhte Leerlaufspannung.
Darauf unterzogen sie ihre Prototypen zahlreichen Testmessungen mit künstlichem Sonnenlicht einer genormten Strahlungsquelle. Diese belegten einen hohen Wirkungsgrad von über 21 Prozent bei einer Leerlaufspannung von 1,21 Volt – etwa 100 Millivolt höher als bei Perowskit-Solarzellen ohne einer mit Guanidinbromid variierten Grenzschicht. So konnten nach dem Einfall von Sonnenlicht die in den Perowskit-Kristallen erzeugten Elektronen effizienter absorbiert und an eine Elektrode weitergeleitet werden. Die unerwünschte Verknüpfung von negativ und positiv geladenen Ladungsträgern – die Rekombination von Elektronen und Löchern – wurde dadurch besser vermieden als bei Perowskit-Solarzellen ohne eine mit Guanidinbromid veränderte Grenzschicht. Zudem zeigten die Prototypen eine gute Haltbarkeit und hielten ihren hohen Wirkungsgrad über viele Stunden konstant.
Bis solche Perowskit-Solarzellen allerdings Marktreife erlangen, werden noch einige Entwicklungsjahre ins Land gehen. So dominiert Silizium heute den Markt der Solarzellen mit gut neunzig Prozent aller installierten Solarmodule. Den Einsatz von Perowskit-Solarzellen wird aber beispielsweise vom Unternehmen Oxford PV, mitgegründet von Henry J. Snaith, Koautor der aktuellen Studie, intensiv verfolgt. Die Firma favorisiert aber nicht Solarzellen ausschließlich auf Perowskit-Basis. Oxford PV setzt vielmehr auf Tandemzellen mit einer Kombination aus Silizium und Perowskit. Diese können ein breiteres Spektrum des Sonnenlichts in elektrischen Strom wandeln als jeder Zelltyp für sich alleine. Erst diese Woche erreichte ein neuer Prototyp einer Tandemzelle einen Rekordwirkungsgrad von stolzen 27,3 Prozent. Für die Pilotfertigung baute Oxford PV bereits eine Produktionsstätte in Brandenburg bei Berlin auf.
Jan Oliver Löfken
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