22.02.2016

Hohe Datenraten auf hoher See

Neue Technologien zur Breitbandkommunikation auf hoher See bei schwierigen Bedingungen vermessen.

Wenn Schiffe miteinander kommunizieren, geschieht dies heute über Sprechfunk, mit Licht oder Flaggen – für die Übertragung hoher Datenmengen sind diese Wege nicht geeignet. Lediglich die kosten­aufwändige Kommunikation über Satelliten würde einen hoch­ratigeren Datenv­erkehr ermöglichen. „Derzeit existiert im maritimen Bereich noch keine günstige, robuste Alternative, um umfang­reichere Informationen auszutauschen", sagt Projektleiter Simon Plass vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). „Deshalb arbeiten wir an neuen digitalen Kommunikations­technologien für den Einsatz auf See."

Abb.: Die Wissenschaftler maßen unter anderem den Einfluss von Wellen und Schiffskörpern auf die Übertragung hoher Datenraten. Beteiligt waren die „Neuwerk“ des Wasser- und Schifffahrtsamts Cuxhaven sowie die „Hermann Marwede“ der Deutschen Gesellschaft zu Rettung Schiffsbrüchiger. (Bild: DLR)

Die Übertragung von hohen Datenmengen könnte in Zukunft im Breit­band­bereich erfolgen. Mit einer Mess­kampagne vor Helgoland hat ein Team des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation deshalb jetzt erstmals untersucht, wie sich die realen Bedingungen auf See auf die Übertragung von Signalen bei fünf Gigahertz auswirken. Voraus­setzung dafür: eine unruhige See mit drei bis vier Meter hohen Wellen, der Seenot­rettungs­kreuzer „Hermann Marwede" der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffs­brüchiger, das Mehr­zweck­schiff „Neuwerk" des Wasser- und Schiff­fahrts­amts Cuxhaven – und ein möglichst seefestes DLR-Team, das während der Fahrt die eingebauten Sende- und Empfangs­geräte bediente.

Die Wissenschaftler des DLR gaben den Kapitänen der beiden Schiffe verschiedene Szenarien vor, die auf der Nordsee abgefahren wurden. Dafür fuhren „Neuwerk" und „Hermann Marwede" unter anderem in nur fünfzig Metern Abstand parallel zueinander, kreuzten ihre Wege oder umfuhren auf unterschiedlichen Routen die vorgelagerte Insel „Düne". „So konnten wir nicht nur die Streuung und Reflektion der Funk­wellen durch die unruhige See, sondern auch die Abschattung durch die Insel vermessen", erläutert Mess­kampagnen-Leiter Ronald Raulefs vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation. „Bisher weiß man nämlich nur sehr wenig über die Ausbreitung von Funkwellen bei hohen Frequenzen auf See." Auch Messungen vom Leuchtturm auf Helgoland zur „Hermann Marwede" auf hoher See gehörten zum Programm der Messkampagne. Dabei fuhr der Seenot­rettungs­kreuzer auch bis zum 25 Kilometer entfernten Windpark – so konnten die Wissen­schaftler auch die Streuung der Signale durch die Rotor­blätter bei ihren Messungen erfassen.

Das Projekt im DLR-Forschungsverbund Maritime Sicherheit soll mit den Messungen Daten liefern, die es ermöglichen, ein Modell für die Streuung der Funkwellen im Breit­band­bereich zu berechnen. „Dies ist allerdings nur der erste Schritt", betont Kampagnen­leiter Ronald Raulefs. „In einem zweiten Schritt können mit diesem Modell Möglich­keiten entwickelt werden, die störenden Einflüsse zum Beispiel von Wellen bei Sende- und Empfangs­geräten zu reduzieren." Der Bedarf für eine Kommunikation von Schiff zu Schiff mit hohen Datenmengen ist da: Bei Notfällen könnten Seenot­rettungs­kreuzer bereits auf dem Weg zum Einsatzort erste medizinische Anweisungen über Video geben. Bei Einsätzen der Bundespolizei zur See würde die Breit­band­kommunikation es ermöglichen, dass deren Zugang zu umfangreicheren Daten­sätzen gewährleistet ist. Auch das Versenden von Informationen zur Verkehrslage wäre dann ohne Umweg über einen Satelliten möglich.

Um die gewonnenen Daten in den nächsten Monaten präzise auswerten zu können, greifen die Wissenschaftler des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation auch auf Radarbilder des deutschen Satelliten TerraSAR-X zu, die die Maritime Forschungs­stelle Bremen des DLR geliefert hat. „Diese Aufnahmen geben einen guten Eindruck über die Wellen­bewegung um Helgoland", sagt Simon Plass. Weitere Informationen zu den Wellenhöhen während der Messung erhielten die Wissenschaftler von Bojen des Bundesamts für Seeschiff­fahrt und Hydrographie (BSH). GPS-Antennen auf den Booten selbst zeichneten die genauen Positionen der Mess-Antennen auf. „Wir haben mit der Messkampagne große Datenmengen gewonnen, die uns sicherlich noch Jahre beschäftigen werden."

DLR / DE

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