11.02.2016

Honigwaben aus Kohlenstoff

Dreidimensionales Graphen könnte als Speicher für Wasser­stoff dienen – und als Matrix in Medizin und Nano­technik.

Wasserstoff ist zwar ein hochwertiger Energieträger, aber leider schwierig zu speichern. Zurzeit nutzt man entweder sehr hohe Drücke für gas­förmigen Wasser­stoff oder sehr tiefe Tempe­ra­turen für verflüs­sigten Wasser­stoff. Beide Verfahren sind mit hohem tech­nischem Aufwand verbunden und zudem energie­intensiv. Welt­weit suchen Forscher deshalb nach porösen Mate­rialien, die Wasser­stoff und auch andere Gase ohne großen Aufwand an ihrer Ober­fläche anlagern können.

Abb.: Mit den Kohlenstoff-Honigwaben lassen sich unterschiedliche Strukturen formen, um etwa verschiedene Moleküle zu absorbieren. (Bild: N. V. Krainyukova & E. N. Zubarev / National Academy of Sciences of Ukraine)

Ein solches neues Material, das nicht nur effizient Wasser­stoff speichern kann, sondern auch weitere viel­ver­sprechende Eigen­schaften besitzt, haben nun Nina Krainyukova von der Natio­nalen Akademie der Wissen­schaften und Evgeniy Zubarev von der Natio­nalen Tech­nischen Univer­sität der Ukraine vorge­stellt. Es handelt sich um eine reine Kohlen­stoff-Verbindung, bei der die Atome zu sechs­eckigen „Honig­waben“ ange­ordnet sind. Die Struktur der Waben entspricht gesta­peltem Graphen, bei dem das zwei­dimen­sionale Gitter in die dritte Dimen­sion gewachsen ist.

Wie Messungen zeigen, speichern diese Waben bis zu acht Prozent ihrer Masse an Wasser­stoff. Dieser Wert liegt deut­lich über den 5,5 Prozent, die das U.S. Depart­ment of Energy als Ziel­marke für das Jahr 2020 ausge­schrieben hat. Dieses hohe Absorp­tions­vermögen verdanken die Kohlen­stoff­waben den offenen Kanälen, in die die Wasser­stoff-Mole­küle einfach ein­dringen und sich dort ein­lagern können.

Die Forscher testeten unterschiedliche Produktionsverfahren für ihre Kohlen­stoff-Waben. Am effek­tivsten erwies sich die Methode, ähnlich wie bei einer Bogen­ent­ladung Kohlen­stoff abzu­scheiden. Sie arbeiteten aller­dings nicht mit zwei Kohlen­stoff-Elek­troden, wie bei solchen Ent­ladungen üblich. Statt­dessen erhitzten sie einen einzelnen Kohlen­stoff-Faden elek­trisch bis zu seinem Subli­mations­punkt. Dieser gab sehr feine Kohlen­stoff-Fragmente ab, die die Wissen­schaftler als dünnen Film auf einer Ober­fläche auf­fingen.

Die Struktur ihrer Kohlenstoff-Honigwaben konnten die beiden Wissen­schaftler mit verschie­denen Methoden auf­klären. Unter anderem mit Hilfe von Elektronen­mikro­skopie, Tief­tempe­ratur-Elek­tronen­streuung und Computer­modellierung fanden sie heraus, dass die inneren Winkel der Verbindung 120 Grad betragen – wie bei Graphen.

Noch stehen aber weitere hochauflösende Untersuchungen aus. Damit hoffen die Wissen­schaftler auch, den Produk­tions­prozess besser verstehen und opti­mieren zu können. Nicht zuletzt die elek­trischen und magne­tischen Eigen­schaften dieses Materials sind noch kaum bekannt. Die Wissen­schaftler gehen aber davon aus, dass die Kohlen­stoff-Honig­waben sich in dieser Hinsicht ähnlich wie Graphen verhalten sollten, da sie die­selben chemischen Bindungen auf­weisen. Sie erlauben aber zusätz­liche Modi­fi­kationen: Indem man die Waben mit unter­schied­lichen Mole­külen füllt, könnte man auch die elek­trischen und magne­tischen Eigen­schaften beein­flussen.

Auch wenn das neue Material vielversprechend aussieht, bleiben noch viele Fragen offen. Bislang lassen sich die unter­schiedlich großen Honig­waben-Struk­turen nicht gezielt her­stellen. Sie sind zudem nur sehr klein. „Im Augen­blick können wir nur dünne, zufällige Struk­turen produ­zieren, mit einer Dicke unter einem Mikro­meter“, sagt Krainyukova. Für Anwendungen als Gas­speicher etwa bräuchte man deutlich größere Struk­turen mit möglichst exakt ange­passten Gitter­para­metern. Mit künftigen Synthese­methoden ließen sich etwa der Durch­messer der Waben und die Dicke der Matrix genauer defi­nieren. Dann könnten solche maß­ge­schnei­derten Kohlen­stoff-Honig­waben ganz unter­schiedlichen Zwecken dienen. Nicht nur Wasser­stoff, sondern auch andere Atome und Mole­küle lassen sich im Waben­gitter ein­fangen. Bei früheren Versuchen gelang es Krainyukova und Zubarev bereits, Xenon und Krypton mit hohen Absorptions­graden zu speichern. Auch Kohlen­dioxid lässt sich mit den Waben einfangen. Diese drei Substanzen konnten die Forscher bei Tempe­raturen zwischen 23 und 78 Kelvin in den Waben binden.

Andere Kohlenstoff-Strukturen, wie etwa Bündel aus Nano­röhrchen, können nur rund halb so an diesen Gasen binden wie die Honig­waben. Die beiden Wissen­schaftler erklären das damit, dass die offenen, sich senk­recht im Material befind­lichen Waben den Gas­mole­külen besonders leichtes Andocken ermög­lichen. Die Forscher können sich für das Material auch andere Anwendungen vorstellen, etwa als Matrix für Substanzen in der Medizin oder Nano­technik, oder beispiels­weise als mole­kulare Siebe mit exakt defi­nierter Größe. Dies wird aber von neuen Herstellungs­verfahren für dieses interes­sante Material abhängen.

Dirk Eidemüller

RK

Veranstaltung

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Die neue Kongressmesse für Quanten- und Photonik-Technologien bringt vom 13. bis 14. Mai 2025 internationale Spitzenforschung, Industrieakteure und Entscheidungsträger in der Messe Erfurt zusammen

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Photo
08.11.2024 • NachrichtForschung

Musik als Zeitreihe

Analyse von musikalischen Tonhöhensequenzen ergibt interessante Unterschiede zwischen verschiedenen Komponisten und Musikstilen.

Themen