Hundert Ideen täglich
Im historischen Rätsel von Physik in unserer Zeit geht es dieses Mal um einen Tüftler mit weitreichenden Ideen. Auf die Gewinner warten drei Buchpreise.
Wenn man einem seiner engsten Freunde und Biographen glaubt, dann bestand sein Physikstudium im Wesentlichen aus Basteln und „den üblichen Tätigkeiten von Physikstudenten“: Wandern auf dem Land, verbotenes Klettern auf Türme und Experimente mit Explosivstoffen.
Die Physik entdeckt er im ehemaligen Arbeitszimmer von Robert Millikan. Hier perfektioniert der Gesuchte über Monate hinweg Geigerzähler, angeblich ohne grundlegende Kenntnisse in Kern- und Teilchenphysik. Als dann ein honoriger Nobelpreisträger die Universität besucht und von den Basteleien erfährt, darf der junge Physiker seine Geigerzähler auf eine Schubkarre über ein Hoteldach in Mexico City schieben, um so Protonen aus dem Sonnenwind nachzuweisen. Er entdeckt tatsächlich eine Ablenkung des Sonnenwindes in Ost-West-Richtung, was ihn bekannt macht, noch während sein Doktortitel in Arbeit ist.
Mit der Astronomie wird er sich danach bis zu seinem Lebensende kaum mehr befassen, mit Kernen und Teilchen dagegen sehr. Berühmt machen ihn zum Beispiel Blasen in flüssigem Wasserstoff. So baut er über Jahre hinweg ein gewaltiges Team an Mitarbeitern auf und beginnt, systematisch Teilchen in Blasenkammern zu ballern. Aus dieser Arbeit entsteht letztlich das Quarkmodell – und ein Physik-Nobelpreis. Seine Mitarbeiter überrascht das nicht; einer stellt einmal lakonisch fest: „Von den 100 Ideen, die er täglich hat, sind 50 vermutlich nutzlos, weitere 25 zu schwierig und unter den übrigen 25 sind ein oder zwei den Nobelpreis wert.“ Vermutlich ist das viel zu dick aufgetragen. Sicher ist: Er lässt sich bei seiner Arbeit im Labor nicht von einem allzu großen theoretischen Überbau behindern.
Für die Doktorprüfung verordnet er sich selbst einen Crash-Kurs in Physik und lernt in einem halben Jahr genug, um durch das Examen zu kommen. Gewappnet mit diesem Wissen machte er sich daran, eine Reihe von Vermutungen von Hans Bethe zu widerlegen. So weist er den K-Einfang nach, bei dem Atomkerne ihre innersten Elektronen schlucken. Im Krieg entwickelt er ein radargestütztes Blindlandesystem für Flugzeuge und einen Zünder für die Plutoniumbombe; er fliegt auch als wissenschaftlicher Beobachter beim Abwurf der Bombe über Hiroshima mit.
Nach dem Nobelpreis erlahmt sein Interesse an der Kern- und Teilchenphysik. Statt Elektronen in Wasserstoff zu schießen, schießt der überzeugte Republikaner nun Bleikugeln in Wassermelonen, um nachzuweisen, dass Kennedy tatsächlich von einem Einzeltäter ermordet worden sein konnte. Er durchleuchtet die Chephren-Pyramide mit Hilfe der kosmischen Höhenstrahlung auf der Suche nach verborgenen Kammern und sucht nach magnetischen Monopolen – erfolglos.
Am heißesten wird jedoch bis heute eine Hypothese diskutiert, die er 1980 zusammen mit seinem Sohn veröffentlicht. Darin geht es um sehr große Tiere… Aber das ist eine andere Geschichte
Andreas Loos, FU Berlin
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