13.04.2011

Hundert Jahre ohne Widerstand

Am 8. April 1911 entdeckte Heike Kamerlingh Onnes das Phänomen der Supraleitung.

Vor 100 Jahren, am 8. April 1911, entdeckte der Niederländer Heike Kamerlingh Onnes das physikalische Phänomen der Supraleitung. Obwohl von der Grundlagenforschung bis heute noch nicht vollständig verstanden, hat sich die Supraleitung bereits zu einer Schlüsseltechnologie für viele Anwendungen entwickelt.

Kamerlingh Onnes wurde am 21. September 1853 in Groningen in den Niederlanden geboren. Nach seinem Studium in Groningen und Heidelberg promovierte er 1879 in Physik. Sein besonderes Forschungsinteresse galt dem Erreichen möglichst tiefer Temperaturen und der Untersuchung des Verhaltens von Materie in extremer Kälte. Daher rührt, dass er der „Gentlemen des absoluten Nullpunkts“ genannt wurde. 1882 begann er an der Leiden Universität mit dem Studium kalter Gase.

Nachdem es 1898 seinem Rivalen, James Dewar, zuerst gelang, Wasserstoff zu verflüssigen, wandte sich Kamerlingh Onnes dem Helium zu. Hierbei hatte er die Nase vorn: Im Juli 1908 produzierte er das erste flüssige Helium. Zudem erreichte er mit ungefähr einem Grad über dem absoluten Nullpunkt die zum damaligen Zeitpunkt kälteste jemals erreichte Temperatur. Nachdem er sich im Anschluss daran zunächst mit der Entwicklung von Apparaten befasste, mit denen das flüssige Helium gespeichert und für weitere Experimente verwendet werden kann, richtete er 1911 seine Aufmerksamkeit auf die elektrische Leitfähigkeit von Metallen bei niedrigen Temperaturen.

 

Paul Ehrenfest, Hendrik Lorentz, Niels Bohr, und Heike Kamerlingh Onnes im Labor für Tieftemperaturtechnik der Universität Leiden (1919). Sein Labor stellte Kamerlingh Onnes unter das Motto „Durch Messen zum Wissen“. (Bild: Wikipedia)

 

Zu der Zeit war bekannt, dass der Widerstand mit sinkender Temperatur abnimmt. Die Meinungen, was passiert, wenn sich die Temperaturen dem Nullpunkt nähern, gingen jedoch auseinander. Neben den Vermutungen, dass der Widerstand gegen Null geht oder einen konstanten Wert annimmt, gab es auch die unter anderem Lord Kelvin vertretene Idee, dass die Elektronen einfrieren und damit der Widerstand gegen unendlich gehen würde. Kmaerlingh Onnes wollte die Frage beantworten und kühlte Quecksilber – das er sehr rein herstellen und damit den Einfluss von Verunreinigungen minimieren konnte – und untersuchte den Stromfluss.

Mit dem Kühlen sank wie erwartet der Widerstand. Doch dann kam es zu einer unvorhergesehenen Überraschung: bei 4,19 Kelvin verschwand der Widerstand plötzlich. Zunächst gingen er und sein Team an jenem 8. April 1911 von einem Kurzschluss oder einem Fehler in der Apparatur aus. Doch nach mehreren Wiederholungen des Versuchs kam er zu der Überzeugung, dass der Widerstand tatsächlich verschwindet. Kurz nach der Entdeckung dieses Phänomens bei Quecksilber konnte Onnes es auch bei Zinn und Blei nachweisen. Den Begriff der Supraleitung verwendete er erstmals 1913. Das war das Jahr, in dem Onnes den Nobelpreis gewann. Allerdings wurde er nicht speziell für seine Entdeckung der Supraleitung ausgezeichnet, sondern seinen Beitrag zur Tieftemperaturphysik, insbesondere der Verflüssigung von Helium.

Ein Modell zur Erklärung des Phänomens der Supraleitung ließ noch einige Jahrzehnte auf sich warten. Bis zum Jahr 1957, als Bardeen, Cooper, und Schrieffer die BCS-Theorie vorlegten, welche die Bildung sogenannter Cooper-Paare postulierte. Der nächste große Durchbruch gelang 1986 Bednorz und Mueller mit der Entdeckung des ersten Hochtemperatur-Supraleiters.

Heutzutage werden Supraleiter in vielen Bereichen eingesetzt. Mit ihnen lassen sich ultrastarke Magnetfelder für die Medizintechnik ebenso erzeugen wie die empfindlichsten Sensoren für Biomagnetismus. Auch moderne Teilchenbeschleuniger wären ohne Supraleiter undenkbar, genauso die Prototypen künftiger Fusionsreaktionen. Schwierigkeiten bestehen insbesondere noch im großtechnischen Einsatz, was durch die notwendige Kühlung zu extrem niedrigen Temperaturen bedingt ist. Daher gibt es ein reges Forschungsinteresse in Hinblick auf die Entwicklung robuster Hochtemperatur-Supraleiter.

DPG / APS / MH

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