30.08.2017

Identifikation einer historischen Nova

Klassische Nova und Zwergnova entpuppen sich als ein und dasselbe System – beobachtet zu verschiedenen Zeiten.

Am 11. März 1437 beobachteten die königlichen Astronomen Koreas das Aufleuchten eines „neuen Sterns“ in der Konstellation Wei, die dem Schwanz des Stern­bilds Skorpion entspricht. Etwa 14 Tage lang konnten die Astronomen den neuen Stern sehen, dann war er wieder verschwunden. Aus heutiger Sicht ist damit klar, dass es sich um eine schnell abklingende klassische Nova gehandelt hat und nicht um eine Supernova, die sehr viel länger am Himmel sichtbar gewesen wäre. Die koreanischen Astronomen beschreiben in ihren Aufzeichnungen die Lage des neuen Sterns sehr genau: Er stehe „ein halbes Chi“ – etwa ein Bogengrad – neben einem der Sterne der Konstellation, gemeint ist vermutlich Zeta oder Eta Scorpii. Doch obwohl es sich bei der Nova von 1437 um eine der am besten lokalisierten historischen Novae handelt, konnte bislang weder ein Nova-Überrest – also die als Emissions­nebel aufleuchtende abgestoßene Gashülle –, noch der Stern selbst aufgespürt werden.

Abb.: Der Überrest der Nova von 1437. Die beiden roten Striche markieren die Position des kataklysmischen Veränderlichen, das blaue Kreuz die aus der Eigenbewegung errechnete Position dieses Sterns zum Zeitpunkt der Nova-Eruption. (Bild: M. M. Shara et al. / NPG)

Ein internationales Team um Michael Shara vom American Museum of Natural History in New York hat jetzt eine Vielzahl historischer Himmels­aufnahmen der fraglichen Region durchforstet – mit Erfolg. Die Forscher starteten ihre Suche auf Archiv­bildern des 1,2 Meter großen britischen Schmidt-Teleskops in Australien aus dem Jahr 1985. Dabei stießen sie tatsächlich auf eine schalen­förmige Gaswolke, wie sie für Nova-Überreste typisch ist. Doch bei dem Stern, der sich im Zentrum dieser Gaswolke befindet, konnte es sich nicht um den Stern handeln, der 1437 als Nova aufgeleuchtet war.

Bei klassischen Novae handelt es sich um Eruptionen in als „kataklysmische Veränderliche“ bezeichneten Doppel­sternen. Von dem einen Stern eines solchen Systems – üblicherweise einem roten Zwergstern oder rotem Unterriesen – strömt dabei Materie in eine Akkretions­scheibe um den zweiten Stern, einem weißen Zwerg. Ist vom inneren Rand der Akkretions­scheibe ausreichend Gas auf die Oberfläche des weißen Zwergs hinab­geregnet, so kommt es zu einer thermo­nuklearen Ketten­reaktion, die aber auf die Oberfläche beschränkt bleibt. Ein solcher Nova-Ausbruch lässt den Stern eine Million Mal heller aufleuchten als die Sonne und stößt seine äußere Gashülle ins All ab. Im Gegensatz zu einer Supernova bleiben der weiße Zwerg und das Doppel­system aber erhalten.

Abb.: Diese Bildserie zeigt einen Zwergnova-Ausbruch des kataklysmischen Variablen im Jahr 1942. (Bild: M. M. Shara et al. / NPG)

Bei dem im Zentrum der von Shara und seinen Kollegen aufgespürten Gaswolke stehenden Stern handelt es sich jedoch nicht um einen kataklysmischen Veränderlichen – die Suche musste also weitergehen. Schließlich stießen die Forscher 15 Bogen­sekunden vom Zentrum des Nova-Überrests tatsächlich auf einen kataklysmischen Veränderlichen. Die Auswertung vieler weiterer Archivbilder ermöglichte es den Astronomen, die Bewegung dieses Sterns mit hoher Genauigkeit zu bestimmen – und siehe da, im Jahr 1437 befand er sich mit hoher Genauigkeit dort, wo jetzt das Zentrum der ausgestoßenen Gaswolke liegt. Aber die Archivdaten zeigen noch mehr: In den 1930er und 1940er Jahren zeigte der Stern eine Reihe kleinerer Helligkeits­ausbrüche, die von den Astronomen als „Zwergnovae“ bezeichnet werden.

Bislang war unklar, warum manche kataklysmische Veränderliche als Nova, andere wiederholt als Zwerg­novae aufleuchten. Die Beobachtungen von Shara und seinen Kollegen zeigen jetzt, dass es sich um zu verschiedenen Zeiten auftretende Phänomene ein und desselben Sterns handelt. Weitere Beobachtungen – möglichst auch an ähnlichen historischen Novae – müssen nun zeigen, welche Prozesse zu den unterschiedlich starken Eruptionen führen.

Rainer Kayser

DE

Virtuelle Jobbörse

Virtuelle Jobbörse
Eine Kooperation von Wiley-VCH und der DPG

Virtuelle Jobbörse

Innovative Unternehmen präsentieren hier Karriere- und Beschäftigungsmöglichkeiten in ihren Berufsfeldern.

Die Teilnahme ist kostenfrei – erforderlich ist lediglich eine kurze Vorab-Registrierung.

EnergyViews

EnergyViews
Dossier

EnergyViews

Die neuesten Meldungen zu Energieforschung und -technologie von pro-physik.de und Physik in unserer Zeit.

Meist gelesen

Themen