Die erste „Twin Orbit Nutzertestwoche” im Februar 2018 war ein großer Erfolg und verdeutlicht, dass der Modus bei weiterer Entwicklung zukünftig regelmäßig im Nutzerbetrieb angeboten werden könnte. Im Twin-Orbit-Modus kreisen Elektronenpakete auf zwei unterschiedlichen Umlaufbahnen, ohne sich zu stören. Der Vorteil: So lassen sich ganz unterschiedliche Anforderungen der Messgäste an die Zeitstruktur der Photonenpulse gleichzeitig erfüllen. Außerdem bietet der Twin Orbit Modus eine elegante Möglichkeit, beim Upgrade auf BESSY VSR lange und kurze Lichtpulse zu trennen.
Abb.: Abbild des Strahlungsquellpunkts an einem Dipolmagneten im Twin Orbit Modus. Der zweite Orbit schließt sich nach drei Umläufen und windet sich um den Standardorbit im Zentrum. (Bild: HZB)
Um die beiden unterschiedlichen Umlaufbahnen zu erzeugen, mussten sich die Physiker vom HZB-Institut für Beschleunigerphysik intensiv mit nichtlinearen Effekten bei der Strahldynamik auseinandersetzen und diese sehr geschickt manipulieren, um Instabilitäten zu vermeiden. Der Elektronenstrahl besteht aus einzelnen Elektronenpaketen, die in bestimmten zeitlichen Abständen aufeinander folgen. Jede der zwei Umlaufbahnen kann weitgehend unabhängig voneinander mit solchen Elektronenpaketen gefüllt werden. Dadurch lassen sich an den Messplätzen entweder dichte Abfolgen von Lichtpulsen zur Verfügung stellen oder – ganz im Gegenteil – zeitlich voneinander sehr weit getrennte Lichtpulse. So können gleichzeitig unterschiedliche Nutzerexperimente mit dem passenden Licht beliefert werden.
Es ist ein spannender, aber auch langer Weg zu einem echten Nutzerbetriebsmodus, insbesondere wenn die Arbeiten an der Maschine den Nutzerbetrieb nicht stören dürfen. Die ersten Untersuchungen zu diesem Betriebsmodus begannen 2015 an der Metrology Light Source (MLS), einem kompaktem Speicherring der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB), und resultierten dort in einem ersten Nutzerexperiment. Parallel wurden die ersten Experimente zu diesem Betriebsmodus von einem Team aus Beschleunigerphysikern und Strahlrohrbetreuern während der Wartungsphasen an BESSY II durchgeführt.
2017 gelang, den Twin Orbit Modus über Nacht mit TopUp-Injektion stabil zu halten, so dass die erste Testwoche im Nutzerbetrieb für Februar angesetzt werden konnte. Während der ganzen Testwoche gab es keine Ausfälle und Einbußen bei der Strahlstabilität und die Bedingungen waren mit einer Verfügbarkeit von mehr als 99 Prozent vergleichbar gut wie beim Standard-Nutzerbetrieb.
„Es gibt immer noch viel zu tun, aber wir haben mit dieser Testwoche gezeigt, dass es möglich ist, den Twin-Orbit-Modus im Nutzerbetrieb anzubieten. Und auch für unser Zukunftsprojekt BESSY VSR kann der Twin Orbit Modus eine elegante Möglichkeit bieten, lange und kürzere Lichtpulse voneinander zu trennen”, erklärt Andreas Jankowiak, der das HZB-Institut für Beschleunigerphysik leitet.
HZB / DE