19.03.2018

Individuelle Kreise im Beschleuniger

Erfolgreicher Test des Twin-Orbit-Modus am BESSY-Speicherring.

Die erste „Twin Orbit Nutzertestwoche” im Februar 2018 war ein großer Erfolg und verdeutlicht, dass der Modus bei weiterer Entwicklung zukünftig regel­mäßig im Nutzer­betrieb angeboten werden könnte. Im Twin-Orbit-Modus kreisen Elektronen­pakete auf zwei unterschiedlichen Umlauf­bahnen, ohne sich zu stören. Der Vorteil: So lassen sich ganz unterschiedliche Anforderungen der Messgäste an die Zeitstruktur der Photonen­pulse gleichzeitig erfüllen. Außerdem bietet der Twin Orbit Modus eine elegante Möglichkeit, beim Upgrade auf BESSY VSR lange und kurze Lichtpulse zu trennen.

Abb.: Abbild des Strahlungsquellpunkts an einem Dipolmagneten im Twin Orbit Modus. Der zweite Orbit schließt sich nach drei Umläufen und windet sich um den Standardorbit im Zentrum. (Bild: HZB)

Um die beiden unterschiedlichen Umlauf­bahnen zu erzeugen, mussten sich die Physiker vom HZB-Institut für Beschleuniger­physik intensiv mit nicht­linearen Effekten bei der Strahl­dynamik auseinandersetzen und diese sehr geschickt manipulieren, um Instabilitäten zu vermeiden. Der Elektronen­strahl besteht aus einzelnen Elektronen­paketen, die in bestimmten zeitlichen Abständen aufeinander folgen. Jede der zwei Umlauf­bahnen kann weitgehend unabhängig voneinander mit solchen Elektronen­paketen gefüllt werden. Dadurch lassen sich an den Messplätzen entweder dichte Abfolgen von Licht­pulsen zur Verfügung stellen oder – ganz im Gegenteil – zeitlich voneinander sehr weit getrennte Licht­pulse. So können gleich­zeitig unter­schiedliche Nutzer­experimente mit dem passenden Licht beliefert werden.

Es ist ein spannender, aber auch langer Weg zu einem echten Nutzer­betriebs­modus, insbesondere wenn die Arbeiten an der Maschine den Nutzer­betrieb nicht stören dürfen. Die ersten Untersuchungen zu diesem Betriebs­modus begannen 2015 an der Metrology Light Source (MLS), einem kompaktem Speicher­ring der Physikalisch Technischen Bundes­anstalt (PTB), und resultierten dort in einem ersten Nutzer­experiment. Parallel wurden die ersten Experimente zu diesem Betriebs­modus von einem Team aus Beschleuniger­physikern und Strahl­rohr­betreuern während der Wartungs­phasen an BESSY II durchgeführt.

2017 gelang, den Twin Orbit Modus über Nacht mit TopUp-Injektion stabil zu halten, so dass die erste Test­woche im Nutzer­betrieb für Februar angesetzt werden konnte. Während der ganzen Test­woche gab es keine Ausfälle und Einbußen bei der Strahl­stabilität und die Bedingungen waren mit einer Verfügbarkeit von mehr als 99 Prozent vergleichbar gut wie beim Standard-Nutzer­betrieb.

„Es gibt immer noch viel zu tun, aber wir haben mit dieser Test­woche gezeigt, dass es möglich ist, den Twin-Orbit-Modus im Nutzer­betrieb anzubieten. Und auch für unser Zukunfts­projekt BESSY VSR kann der Twin Orbit Modus eine elegante Möglichkeit bieten, lange und kürzere Licht­pulse voneinander zu trennen”, erklärt Andreas Jankowiak, der das HZB-Institut für Beschleuniger­physik leitet.

HZB / DE

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