23.11.2018

InSight landet auf dem Mars

Mission soll Aufschluss über den inneren Aufbau des Planetens liefern.

Monate­langer Flug durchs All, flammender Abstieg durch die Reibungs­hitze der Atmo­sphäre und sanftes Aufsetzen auf der Oberfläche – siebenmal ist das Kunststück einer Marslandung bisher geglückt. Am kommenden Montag geht die ameri­kanische Weltraum­behörde Nasa das Wagnis erneut ein. Gegen 21 Uhr (MEZ) soll die Sonde InSight aufsetzen und in den kommenden zwei Jahren erstmals den inneren Aufbau unseres Nachbar­planeten untersuchen. Zur wissenschaftlichen Ausrüstung gehört ein Seismo­meter, zu dem Forscher des Max-Planck-Instituts für Sonnensystem­forschung MPS in Göttingen beige­tragen haben.

Abb.: Landung auf dem Mars: Mit Hilfe von Bremsraketen überwindet die Landesonde InSight die letzten Meter bis zur Oberfläche. (Bild: NASA / JPL-Caltech)

Auf nur wenigen Körpern in unserem Sonnen­system konnten Wissen­schaftler bisher seismo­logische Messungen durchführen; langjährige Messreihen gibt es – neben der Erde – bisher nur vom Mond. Als 1975 mit Viking 1 und 2 die ersten Lande­sonden unbeschadet die Oberfläche es Mars erreichten, gehörten auch Seismo­meter zum wissen­schaftlichen Instrumen­tarium. Die Messgeräte hatten jedoch keinen direkten Boden­kontakt, sondern waren starr mit den Lande­einheiten verbunden. Die Daten geben deshalb in erster Linie die Stärke wieder, mit der der Wind die Landesonden durch­rüttelte. „Aussage­kräftige seismo­logische Messungen stehen auf dem Mars bisher noch aus“, so Ulrich Chris­tensen, MPS-Direktor und Mitglied des Seismo­meter-Teams von InSight.

Das Instrument SEIS – Seismic Experiment for Interior Structure – von InSight verfolgt eine andere Strategie als seine wind­geplagten Vorgänger. Zwar reist das Instrument, das unter Leitung der fran­zösischen Weltraum­agentur CNES entwickelt und gebaut wurde, huckepack auf der Instrumenten­plattform der Lande­einheit an. Nach der Landung soll aber der Roboterarm von InSight das Messgerät auf den Boden setzen. Eine Art Haube, die in einem zweiten Schritt überge­stülpt wird, dient als Wind- und Temperatur­schutz. Forscher gehen davon aus, dass Marsbeben seltener auftreten und deutlich schwächer ausfallen als ihre irdischen Gegen­stücke. Grund dafür könnte sein, dass die äußerste Schicht des Mars höchstens vor sehr langer Zeit aus getrennten tek­tonischen Platten bestand. Auf der Erde lösen aber vor allem die Bewegungen an den Platten­grenzen Beben aus.

Die Forscher erhoffen sich von SEIS nicht nur Erkennt­nisse über die derzeitige geolo­gische Aktivität des Mars. Seismo­logische Messungen bieten darüber hinaus die Möglichkeit, mehr über den inneren schalen­artigen Aufbau und die Zusammen­setzung des Planeten zu erfahren. Denn seismischen Wellen breiten sich nicht nur entlang der Planeten­oberfläche aus, sondern durchlaufen auch sein Inneres. An den Grenzen zwischen verschie­denen Schichten werden sie abgelenkt und reflektiert. „Wann und wo die Wellen dann wieder die Ober­fläche erreichen, verrät uns, welche Bedingungen sie im Innern vorgefunden haben“, erläutert Christensen. Dabei interessiert vor allem, inwiefern sich die „inneren Werte“ des Mars von denen der Erde unter­scheiden. Besteht er aus anderen Materia­lien? Wie genau sind die Schichten beschaffen? Und gibt es – wie bei der Erde – einen flüssigen Eisenkern? „Wir wollen verstehen, wie sich der Mars seit seiner Entstehung entwickelt hat – und warum er sich heute so deutlich von der Erde unter­scheidet“, so Christensen.

Anders als die Scharen von Seismo­metern, die auf der Erde Beben in der Regel im Verbund aufzeichnen, ist das Mars-Seismo­meter ein Einzelkämpfer. „SEIS kann die seis­mischen Wellen nur an einer Stelle auf der Marsober­fläche messen“, erklärt Marco Bierwirth, SEIS-Projektmanager. „Um diesen Nachteil auszu­gleichen, sind die Anforderungen an die Mess­genauigkeit besonders groß“, fügt er hinzu. Entscheidend ist unter anderem, dass das Instrument exakt waagerecht auf dem unebenen und steinigen Marsboden posi­tioniert wird. Dafür sorgt das Nivellier­system, das am MPS entwickelt und gebaut wurde. Es passt die Länge der drei Standbeine auto­matisch den Gegeben­heiten vor Ort an.

Ein weiteres Mess­instrument ist HP3 – Heat Flow und Physical Properties Probe –, das unter Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR entwickelt wurde. Es wird seine Sensoren bis zum fünf Meter tief in den Mars­boden hämmern, um so Wärmefluss und -leit­fähigkeit zu bestimmen. Diese Daten helfen zu verstehen, wie schnell sich der Mars seit seiner Entstehung abgekühlt hat. Bis die ersten Messdaten auf der Erde eintreffen, werden allerdings noch Wochen vergehen. Nach erfolgreicher Landung foto­grafieren Kameras zunächst die unmittel­bare Umgebung. Ziel ist es, den optimalen Aufstellort für die hoch­empfindlichen wissen­schaftlichen Instrumente zu finden. Erst danach setzt der Roboter­arm SEIS an seinen künftigen Einsatzort und eine mehrwöchige Inbetrieb­nahme des Instruments schließt sich an. Die ersten wissen­schaftlichen Daten werden etwa zehn Wochen nach der Landung erwartet.

Den Abend der InSight-Landung am Montag können Interes­sierte am MPS erleben. Das Programm beginnt um 19 Uhr. Zunächst gibt Robert Lindner, Leiter der Abteilung für Instrumen­tierung und Lebens­erhaltung bei der ESA, eine „Kurz­anleitung für eine Landung auf dem Mars“. Es folgen Interviews mit Wissen­schaftlern vor Ort in den USA und eine Gesprächs­runde rund um geglückte und gescheiterte Mars­landungen, offene wissen­schaftliche Fragen und die Zukunft der Mars­forschung. Teilnehmer der Runde sind neben Robert Lindner auch Ulrich Christensen sowie Marsforscher Walter Goetz. Höhepunkt des Abends ist das Public Viewing des Nasa-Live­streams der Landung. Diese wird gegen 21 Uhr erwartet. Der Eintritt ist kostenlos. Eine Anmeldung ist nicht erfor­derlich.

MPS / JOL

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