25.08.2020 • MaterialwissenschaftenEnergie

Instabiles Edelmetall: Wie Platin korrodiert

Erstmals Auflösung von Platinkatalysatoren auf atomarer Ebene beobachtet.

Seit mehr als einem halben Jahrhundert gilt Platin als einer der besten Katalysatoren für die Reduktion von Sauerstoff zu Wasser, eine der Schlüssel­reaktionen an den Elektroden von Brennstoff­zellen. Es ist jedoch schwierig, den Katalysator über einen längeren Zeitraum reaktiv und stabil genug zu halten, um Wasserstoff­technologien flächen­deckend in Fahrzeugen einsetzen zu können. Grund hierfür ist vor allem, dass sich die Platin­partikel auf den Elektroden mit der Zeit auflösen. Einem inter­nationalen Forschungs­team unter Leitung von Olaf Magnussen von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel ist es jetzt gelungen, diesen Auflösungs­prozess auf atomarer Ebene darzustellen. Die Erkenntnisse über die einzelnen Atom­bewegungen könnten dazu beitragen, die Stabilität von Platin­katalysatoren in Zukunft zu verbessern.

Abb.: Mithilfe von Röntgenbeugung wird der Mechanismus der Extraktion und...
Abb.: Mithilfe von Röntgenbeugung wird der Mechanismus der Extraktion und Auflösung von Platinatomen ermittelt. (Bild: T. Fuchs, CAU)

„Wir wollten herausfinden, warum und wie sich das Platin auflöst“, sagt Magnussen. „Mit unseren Unter­suchungen haben wir ein Bild auf atomarer Ebene gewonnen, um diesen Vorgang zu erklären.“ Beteiligt waren Arbeits­gruppen der European Synchrotron Radiation Facility ESRF, des Forschungs­zentrums Jülich sowie von Universitäten in Spanien und Kanada.

An der ESRF-Beamline ID31 untersuchte das Team verschiedene Facetten von Platin­elektroden in Elektrolyt­lösung mit extrem intensiver Röntgen­strahlung. Auf diese Weise fanden die Forscher heraus, wie sich die Atome während der Oxidations­prozesse an der Platin­oberfläche anordnen sowie bewegen und wie sich dadurch das Platin auflöst. „Mit diesem Wissen ist es vorstellbar, gezielt Nanopartikel mit bestimmter Form und Oberflächen­anordnung zu entwickeln, um so die Stabilität des Katalysators zu verbessern“, erklärt Jakub Drnec, Wissen­schaftler an der Beamline ID31. „Wenn wir die Bewegung der Atome kennen, können wir spezielle Additive einsetzen, um unerwünschte Atom­bewegungen zu unter­drücken.“

Die Ergebnisse lassen sich in techno­logische Anwendungen übertragen, weil die Experimente unter elektro­chemischen Bedingungen statt­fanden, ähnlich wie in echten Brennstoff­zellen. „Während der Oxidation verändert sich die Platin­oberfläche der Elektroden sehr schnell. Das zu messen, war nur möglich durch eine neue, sehr schnelle Technik zur Charakteri­sierung der Oberflächen­struktur“, erklärt Timo Fuchs von der CAU. Diese Methode, die Hochenergie-Oberflächen­röntgen­beugung, wurde an der ESRF von dem Team mitentwickelt. „Es ist die einzige Technik, die die Bewegung von Atomen unter solchen Bedingungen abbilden kann – das konnten wir hier zum ersten Mal zeigen“, fügt Fuchs hinzu.

Um diese Auflösungsprozesse zu verstehen, wurden parallel zu den Röntgen­experimenten hochempfind­liche Messungen am Forschungs­zentrum Jülich und aufwendige Computer­simulationen an der Uni Barcelona durchgeführt. „Nur eine solche Kombination verschiedener Charakteri­sierungs­techniken und theoretischer Berechnungen liefert ein voll­ständiges Bild davon, wie sich Atome in einem Platin­katalysator auf der Nanoebene verhalten“, sagt Federico Calle-Vallejo von der Uni Barcelona, der für die Simulationen verantwortlich war.

Im nächsten Schritt möchte das Team die Mechanismen der Platin­auflösung noch detail­lierter erforschen, zum Beispiel indem sie Platin­facetten untersuchen, die Ecken und Kanten von Katalyse­partikeln repräsen­tieren. Auf dieser Basis könnten dann in Zukunft Wissen­schaftler gezielt lang­lebigere Katalysatoren entwickeln.

CAU / RK

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