Isolierte Polymere schwingen wie im Kollektiv
Dynamik einzelner Kettenmoleküle erstmals sichtbar gemacht.
Ein wichtiger Schritt in der Nanotechnologie ist Friedrich Kremer und seinem Doktoranden Martin Tress an der Universität Leipzig gelungen: Erstmals konnten sie die Dynamik von einzelnen, in einem Nanotröpfchen kondensierten Kettenmolekülen (Polymeren) messen.
Abb.: Vereinzelte Polymerketten als Nanotröpfchen auf einer Silizium-Oberfläche (links). Die Längenskala der fluktuierenden Kettensegmente von zirka 0,5 Nanometern ist wesentlich kleiner als die Ausdehnung der Polymerkette als Ganzes (rechts). (Bild: M. Tress)
Dazu legten sie die Moleküle auf einem Siliziumsubstrat in großer Verdünnung ab, so dass sich Nanotröpfchen bilden können, die nur noch aus einzelnen Polymerketten bestehen. Um deren Dynamik messen zu können, verwendeten die Forscher die Methode der Breitbandigen Dielektrischen Spektroskopie – einem Gebiet, auf dem die Arbeitsgruppe von Friedrich Kremer führend ist. Die Probe wird dabei einem elektrischen Feld ausgesetzt, das zwischen Elektroden im Abstand von nur 35 Nanometern (35 Millionstel Millimeter) angelegt wird. Diese Elektrodenanordnungen wurden speziell für diese Experimente entwickelt und am Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik in Halle von Manfred Reiche hergestellt.
„Das zentrale Ergebnis der Untersuchung der Dynamik einzelner Polymere ist überraschend einfach: Es zeigt sich, dass die molekulare Dynamik in isolierten Molekülen im Wesentlichen mit der in einer makroskopischen Polymerschmelze übereinstimmt“, erläutert Kremer, der am Institut für Experimentelle Physik I der Fakultät für Physik und Geowissenschaften die Abteilung Molekülphysik leitet. Die Forscher an der Universität Leipzig haben für dieses Ergebnis eine einfache Erklärung: Die Skala, auf welcher die molekularen Fluktuationen stattfinden, entspricht ungefähr der Länge von nur zwei bis drei Kettensegmenten, das heißt zirka 0,5 Nanometer. Sie ist damit wesentlich kleiner als die Ausdehnung der Polymere, die mit einem Rasterkraftmikroskop leicht gemessen werden kann und ungefähr 20 bis 30 Nanometer ausmacht. Die fluktuierenden Kettensegmente werden somit von der Separation der Polymere kaum beeinflusst.
„Die Arbeiten haben nicht nur weitreichende Konsequenzen für die akademische Forschung, in der die Frage nach der molekularen Dynamik auf einer Nanometerskala heftig diskutiert wird. Sie könnten auch vielfältige Anwendungen in der Nanobiotechnologie und Sensorik finden“, wie Kremer erläutert.
J. Aberger / DE