10.12.2012

ISS auf den Kopf gestellt

Um Daten über die Sonneneinstrahlung zu messen, wurde die Internationale Raumstation ISS gedreht – ein 27-Tage-Experiment in 400 Kilometern Höhe.

Der Grund für die Drehung der Raumstation von der Größe eines Wohnblocks ist erstmals rein wissenschaftlicher Natur: Da die Sonne rund vier Wochen braucht, um sich einmal um die eigene Achse zu drehen, die Internationale Raumstation ISS aber nie länger als zwei Wochen am Stück der Sonne zugewandt ist, kann man eine vollständige Drehung der Sonne nur dann von der ISS aus beobachten, wenn man die ganze Raumstation dreht. Bei dem 450 Tonnen schweren Koloss ist dies keine leichte Aufgabe. Die Positionsänderung geschah am 1. Dezember, sodass das von Fraunhofer IPM entwickelte SolACES- und das in Paris entwickelte SOLSPEC-Sonnenspektrometer direkte Sicht auf die Sonne haben.

Abb.: In 400 Kilometern Höhe erfasst das EUV-Spektrometer einzigartige Daten über die Sonnenintensität. In der Mitte ist das SOLAR-Modul zu sehen, das durch die Drehung der ISS direkt in Richtung Sonne ausgerichtet ist. (Bild: NASA/ESA)

Bis zum 10. Dezember verharrt die ISS noch in der veränderten Position. Das SolACES-System von Fraunhofer IPM misst in dieser Zeit die extrem ultraviolette (EUV)-Strahlung der Sonne, die von der Atmosphäre absorbiert wird und daher nicht auf der Erde gemessen werden kann. EUV-Strahlung beeinflusst sowohl die klimatischen Bedingungen auf der Erde als auch Satellitensignale von Navigationssystemen. Mit dem aufwändigen Experiment werden einzigartige Daten über die Sonnenstrahlung erfasst, die Aufschluss über den Einfluss der schwankenden Strahlungsintensität auf der Erde geben sollen.

Obwohl die Drehung lediglich 7 Grad beträgt, ist sie nicht trivial für die fünf beteiligten Weltraum-Organisationen – aus den USA, Russland, Europa, Japan und Kanada. Die Kommunikationsantennen und Solarsegel müssen exakt ausgerichtet werden, damit der Kontakt zur Erde und die Stromversorgung erhalten bleiben. Rund um die Uhr koordiniert das Kontrollzentrum in Brüssel den Vorgang.

Abb.: Ansicht der Sonne durch ein EUV-Filter: Mit den exakten Messdaten des EUV-Spektrometers lässt sich die Sonnenaktivität und ihr Einfluss auf die Erde besser verstehen. (Bild: NASA)

Optik, Mechanik und Elektronik des kompletten SolACES (Solar AutoCalibrating EUV Spectrometer)-Systems wurden von Wissenschaftlern am Fraunhofer IPM über einen Zeitraum von zehn Jahren aufgebaut. Seit März 2008 misst das System die EUV-Strahlung der Sonne. Mit dem in Paris entwickelten SOLSPEC (Solar Spectrum Measurement instrument) wurde ein UVIR-Spektrometer in das SOLAR-Modul integriert. Die Daten werden in der Nähe von München empfangen und an das in Brüssel angesiedelte Kontrollzentrum B.USOC weitergeleitet. Von hier aus wird SOLAR gesteuert. Am Fraunhofer IPM widmen sich die Wissenschaftler der Datenanalyse – um mehr Licht ins Dunkel der schwankenden Sonnenenergie zu bringen.

Fraunhofer IPM / PH

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