Je älter die Sterne, desto runder die Galaxie
Spektroskopische Himmelsdurchmusterungen liefern Einblick in Galaxienevolution.
Das mittlere Alter der Sterne in einer Galaxie erlaubt Rückschlüsse darauf, wann die meisten Sterne entstanden sind – liefert jedoch keine Informationen über die Entstehungsgeschichte der Galaxie. Informationen über die Evolution einer Galaxie lassen sich jedoch aus der Form des Sternsystems ableiten. Computersimulationen der kosmischen Entwicklung zeigen, dass Kollisionen und Verschmelzungen entscheidend Einfluss auf die Entwicklung von Galaxien nehmen – und das solche Verschmelzungen zu „runderen“, also weniger stark abgeplatteten Sternsystemen führen.
Abb.: Verschmelzende Galaxien (Bild: NASA)
Auf den ersten Blick erscheint die Form einer Galaxie als leicht bestimmbare Größe. Tatsächlich liefern astronomische Beobachtungen jedoch nur eine zweidimensionale Projektion der Galaxienform. Um daraus die tatsächliche, dreidimensionale Form zu ermitteln, ist ein dynamisches Modell der Sternbewegungen in der Galaxie nötig – also Messungen sowohl der geordneten als auch der ungeordneten Bewegung der Sterne. Während sich das mittlere Alter aus dem Gesamtspektrum einer Galaxie durch Anpassung eines stellaren Populationsmodells bestimmen lässt, ist für die Modellierung der stellaren Dynamik räumlich aufgelöste Spektroskopie nötig.
Solche Daten liegen inzwischen vor, beispielsweise aus dem SAMI Galaxy Survey am 3,9 Meter großen Anglo-
Zunächst bestimmten die Astronomen aus den kinematischen Daten das Verhältnis zwischen geordneter und ungeordneter Bewegung. Van de Sande und seine Kollegen machen dann die vereinfachende Annahme, dass es sich bei den Galaxien um Rotationsellipsoide handelt. Damit können die Forscher dann aus der beobachteten Form und dem Verhältnis der Geschwindigkeiten auf die wahre, dreidimensionale Form einer Galaxie schließen. Das Ergebnis dieser Analyse: Zwischen dem mittleren Sternenalter einer Galaxie und ihrer dreidimensionalen Form besteht ein erstaunlich starker Zusammenhang. Je älter die Sterne, desto runder – also weniger elliptisch – ist ein Sternsystem.
Dieses Ergebnis bestätigt die Vorhersagen der Computersimulationen, nach denen Verschmelzungen entscheidend die Entwicklung von Galaxien beeinflussen. Die meisten dieser Verschmelzungen finden zwischen Galaxien statt, die nur wenig Gas enthalten, so dass in der Folge kaum noch neue – und damit jüngere – Sterne entstehen. Galaxien, die durch Verschmelzungen runder geworden sind, enthalten somit zwangsläufig überwiegend ältere Sterne. Van de Sande und seine Kollegen zeigen mit ihrer Analyse, wie statistische Untersuchungen an einer großen Zahl von Sternsystemen Informationen über die Evolution der Galaxien liefern können – und damit das große Potenzial moderner spektroskopischer Himmelsdurchmusterungen wie SAMI.
Rainer Kayser
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