Jetstreams von Uranus und Neptun nur in dünner Schicht
Analyse der Bahn von Voyager 2 erlaubt Blick in das Schwerefeld der beiden Planeten.
Die von außen beobachtbaren Wolkenhüllen der äußeren Planeten unseres Sonnensystems zeichnen sich durch starke Jetstreams aus, die abhängig von ihrer geografischen Breite in östlicher oder westlicher Richtung wehen. Doch die Bewegung der Wolken in diesen Strömungen lässt sich nur bis in eine Tiefe von einigen zehn Kilometern verfolgen. Deshalb war bislang unter Planetenforschern umstritten, wie weit in die Planeten hinein der Bereich dieser starken Strömungen reicht.
Abb.: Am Äquator des Planeten Neptun wehen die starken Winde in westlicher Richtung, in den gemäßigten Breiten in östlicher Richtung. Wie tief diese Strömungen in das Planeteninnere reichen, war bislang nicht bekannt. (Bild: NASA / ESA / M. Showalt)
Yohai Kaspi vom Weizmann-Institut für Wissenschaften im israelischen Rehovot und seinen Kollegen ist es nun gelungen, zumindest eine obere Grenze für die Dicke der atmosphärischen Zirkulationszone bei den Planeten Uranus und Neptun zu bestimmen. Ihr Ergebnis: Die dynamische Atmosphäre umfasst maximal 0,15 Prozent der Masse von Uranus und maximal 0,2 Prozent der Masse von Neptun. „Die Dynamik ist also bei beiden Planeten auf eine dünne Wetterschicht beschränkt, die maximal tausend Kilometer dick ist“, so die Forscher.
Die Untersuchung von Kaspi und seinem Team basiert auf einer genauen Analyse der Bahndaten von Voyager 2. Die amerikanische Raumsonde war 1986 an Uranus und 1989 an Neptun vorbei geflogen. „Als Ursache für messbare Störungen des Schwerefelds kommen zwei Arten von Masse-Anomalien infrage“, erläutern die Forscher, „die schnelle Rotation, die zu einer Abplattung der Planeten führt, und Dichteschwankungen durch schnelle Winde.“
Abb.: Aufnahme des Planeten Neptun vom Vorbeiflug der amerikanischen Raumsonde Voyager 2 im August 1989. (Bild: NASA)
Da die Form des Planeten bekannt ist, konnten Kaspi und sein Team aus Bahnstörungen des Raumfahrzeugs auf die Tiefe der bis zu 1600 Kilometer pro Stunde schnellen Winde schließen. Nach irdischen Maßstäben mag eine Dicke der dynamischen Zone von bis zu tausend Kilometern viel erscheinen. Doch für die beiden rund 50.000 Kilometer durchmessenden Planeten ist der Bereich vergleichsweise dünn. Es handele sich bei den Strömungen folglich nicht um tief in das Innere der Planeten reichende Zirkulationen. Das bedeutet allerdings nicht zwingend, dass die Winde durch die Sonnenstrahlung von außen angetrieben werden. Die Forscher betonen, dass bei Neptun der Wärmefluss aus dem Inneren 1,6-mal größer ist als der Zustrom von der Sonne.
Für Jupiter und Saturn konnten Kaspi und seine Kollegen bislang keine derartige Analyse vornehmen. Grund dafür ist, dass die Winde bei den beiden Riesenplaneten erheblich stärker mit der geografischen Breite variieren als bei Uranus und Neptun, was zu zusätzlichen Störungen des Schwerefeldes führt. Die Forscher hoffen jedoch, dass ausreichend genaue Messungen beim Jupiter mit der Juno-Sonde möglich sind, die 2016 den Planeten erreicht. Beim Saturn setzen Kaspi und sein Team auf die Sonde Cassini, die nach dem Ende ihrer erfolgreichen Mission 2017 in eine polare Umlaufbahn um den Planeten gelenkt werden soll.
Rainer Kayser
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PH