23.11.2015

Jungbrunnen für Batterien?

Neutronen helfen Alterungsprozess in Lithiumionen-Akkus aufklären.

Lithiumionen-Akkus mit Graphit-Anode sind eine relativ neue Entwicklung. Erst 1989 zum Patent angemeldet, sind sie seit 1991 im Einsatz. Seither haben sie einen weltweiten Siegeszug angetreten. Man findet sie heute nicht nur in elektrischen Kleingeräten sondern auch in Elektroautomobilen, Flugzeugen und sogar Lokomotiven. Zukünftig sollen sie auch als große Zwischenspeicher mit Megawatt-Kapazitäten dienen.

Abb.: Elektronenmikroskopische Aufnahme der Kathode eines Nickel-Mangan-Cobalt-Akkus. (Bild: I. Buchberger / TUM)

Doch die Akkus sind keineswegs perfekt. Einen starken Kapazitätsverlust erleiden die Stromspeicher mit Graphit-Anode bereits beim ersten Ladezyklus der Zelle, dem Formierungsschritt. Hier verlieren sie bis zu 10 Prozent ihrer Kapazität. Bei jedem weiteren Lade- und Entladevorgang sinkt die Kapazität weiter, wenn auch nur geringfügig. Auch bei bloßer Lagerung, vor allem bei Temperaturen über der Raumtemperatur, geht Speicherfähigkeit verloren.

Für diese Alterungseffekte hat die Physik zwar mehrere Hypothesen, aber noch keine endgültige Erklärung gefunden. Wissenschaftler des Lehrstuhls für Technische Elektrochemie und von der Forschungs-Neutronenquelle (FRM II) der TU München sind dieser nun wohl ein Stück näher gekommen. Sie kombinierten elektrochemische Untersuchungen mit so unterschiedlichen Messmethoden wie Röntgenstreuung, Impedanzmessungen und Prompte Gamma-Aktivierungsanalyse (PGAA).

Mit diesen analysierten sie das Verhalten von Akkus mit Graphit-Anode und Nickel-Mangan-Cobalt-Kathode, sogenannte NMC-Zellen, bei verschiedenen Temperaturen. NMC-Zellen sind beliebt in der Elektromobilität, denn sie besitzen eine hohe Kapazität und halten theoretisch Ladespannungen von bis zu knapp fünf Volt aus. Bei Spannungen über 4,4 Volt nimmt jedoch die Alterung stark zu.

Mit Hilfe von Röntgenstreuung untersuchten die Wissenschaftler den Verlust an aktivem Lithium über mehrere Ladezyklen. Impedanzmessungen der Akkuzellen dienten dazu, den zunehmenden Widerstand zu erfassen. Die Aktivierungsanalyse mit Neutronen schließlich half, die extrem geringen Mengen an abgeschiedenem Übergangsmetall auf den Graphitelektroden sicher zu bestimmen: Ursache für den deutlichen Kapazitätsverlust beim Formierungsschritt ist der Aufbau einer Passivierungsschicht an der Anode. Diese verbraucht aktives Lithium, schützt jedoch danach den Elektrolyten vor Zersetzung an der Anode.

Für den Kapazitätsverlust bei laufendem Betrieb fand die Forschergruppe zwei wesentliche Mechanismen: Das aktive Lithium in der Zelle wird durch verschiedene Nebenreaktionen nach und nach verbraucht und steht damit nicht mehr zur Verfügung. Der Prozess ist stark temperaturabhängig: Bei 25 ºC ist die Wirkung noch relativ gering und wird bei 60 ºC recht hoch.

Beim Laden und Entladen der Zellen bei erhöhter Ladespannung (4,6 V) wächst hingegen der Zellwidertstand stark an. Die auf der Anode abgeschiedenen Übergangsmetalle erhöhen die Leitfähigkeit der Passivierungsschicht für Elektronen und führen damit zu verstärkter Zersetzung des Elektrolyten.

Nach dem Prinzip von Versuch und Irrtum fanden die Batteriehersteller bereits gute Verhältnisse von Elektrodenmaterial und Lithiummenge. „Mit den von uns gewonnenen Erkenntnissen lassen sich nun die Einzelprozesse gezielt weiter verbessern“, sagt Irmgard Buchberger, vom Lehrstuhl für Technische Elektrochemie der TU München. „Möglich sind hier beispielsweise Additive, mit denen der Aufbau der Passivierungsschicht verbessert werden kann oder Modifikationen der Kathodenoberfläche.“

TUM / PH

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