KALPUREX: neuer Vakuumpumpprozess für Fusionskraftwerke
„European Prize for Innovation in Fusion Research“ für KIT Wissenschaftler.
Mit Kernfusion könnten die Energieprobleme der Welt gelöst werden: Wenn die Physiker und Ingenieure erfolgreich sind, würde eine inhärent sichere und praktisch unerschöpfliche Energiequelle zur Verfügung stehen, die zudem nur sehr wenig Abfall und keine CO2 Emissionen verursacht. Nach Jahrzehnten der Entwicklung hat nun die Designphase für das erste Demonstrationskraftwerk in Europa begonnen. Diese Maschine wird das weltgrößte Vakuumsystem werden, mit einem Behälter so groß wie ein fünfstöckiges Wohnhaus. Hierin werden einige Gramm der leichtesten existierenden Gase, in einem Magnetfeld eingeschlossen unter Vakuum, als Plasma bei Temperaturen über 100 Millionen Grad verschmolzen.
Abb.: Die Preisträger Thomas Giegerich (links) und Christian Day (rechts) vom Institut für Technische Physik (ITEP). (Bild: KIT)
Die Europäische Kommission hat nun Ende September die zwei KIT-Wissenschaftler Christian Day und Thomas Giegerich für ihre Entwicklung eines neuen Vakuumpumpprozesses mit dem „European Prize for Innovation in Fusion Research“ ausgezeichnet. Dieser Prozess vereinfacht die gegenwärtig verwendeten Verfahren zur Brennstoffaufreinigung und –rückgewinnung durch Einführen einer zusätzlichen Trennstufe, die einen reinen Brennstoffstrom erzeugt und diesen direkt in die Maschine rückführt. Darüber hinaus verwendet der Prozess Vakuumpumpen, die Flüssigmetalle als Arbeitsmittel verwenden. Daher kommt auch der Name: KALPUREX-Prozess, die Abkürzung für „Karlsruhe liquid metal based pumping process for fusion reactor exhaust gases“. „Mit diesem Prozess steht uns erstmalig ein kontinuierlich arbeitendes, wirtschaftliches und nicht-kryogenes Verfahren zur Prozessierung des Brennstoffs zur Verfügung” sagt Christian Day, Leiter der Abteilung Vakuumtechnik am Institut für Technische Physik (ITEP) und verantwortlicher Projektleiter für die Gebiete Tritium, Brennstoffzufuhr und Vakuum im Europäischen Fusionsprogramm. „Das ist ein gutes Beispiel dafür was erreicht werden kann, wenn wissenschaftliche Neugier und Ausdauer mit einem eingespieltem Team zusammen kommen“, sagt Herr Day stolz.
Das Erzeugen von Vakuum und das Prozessieren von Brennstoff ist eine herausfordernde Aufgabe in der Fusion, da die benötigten Saugvermögen der Pumpen sehr groß sind und die gepumpten Gase chemisch reaktiv sind. Der Einsatz von Flüssigmetallen als Arbeitsmittel in Vakuumpumpen ist neu und praktisch alternativlos: Sie sind perfekt kompatibel mit dem Fusionsbrennstoff und ermöglichen dadurch eine lange Lebensdauer der eingesetzten Komponenten und Maschinen. „Flüssigmetalle sind über 13 mal dichter als Wasser, was zu hohen mechanischen Beanspruchungen führt und diese Art von Pumpen richtig schwer macht“, sagt Thomas Giegerich, leitender Ingenieur in der KALPUREX-Entwicklung, „aber wir konnten mit den Experimenten in unseren Testanlagen zeigen dass sie tatsächlich funktionieren und dabei auch noch sehr ruhig laufen.“
Der KALPUREX-Prozess wurde inzwischen durch das KIT Innovationsmanagement zum Patent angemeldet. Auch wurden bereits weitere Entwicklungen und Verbesserungen an dem Prozess in enger Zusammenarbeit mit der Industrie begonnen. „Eine rechtzeitige Industriebeteiligung ist wichtig, schließlich muss die Industrie die benötigten Komponenten, die alle noch keine Standardbauteile sind, herstellen.“, weiß Christian Day. In den nächsten Jahren soll der KALPUREX-Prozess am KIT in einer für Fusionskraftwerke relevanten Größe aufgebaut und erprobt werden. Sobald das erfolgreich umgesetzt wurde, ist das erste Fusionskraftwerk wieder ein Schritt näher gerückt.
KIT / LK