Kalt und korreliert
Neue Methode erlaubt Berechnung des kollektiven Verhalten von Bose-Einstein-Kondensaten.
Quantensysteme kann man nur dann auf einfache Weise berechnen, wenn sie aus wenigen Einzelteilen bestehen. Ein Wasserstoffatom ist kein Problem – eine Atomwolke, die tausende Teilchen enthält, kann man normalerweise nur näherungsweise beschreiben. Der Grund dafür ist, dass die Teilchen quantenphysikalisch miteinander verbunden sind und nicht einfach getrennt voneinander betrachtet werden können. Kaspar Sakmann vom Atominstitut der TU Wien zeigt nun gemeinsam mit Mark Kasevich aus Stanford, dass man mit bestimmten Methoden sogar Effekte in ultrakalten Bose-
Abb.: Bose-Einstein-Kondensate, die Wellen schlagen: Ein Vielteilchen-Phänomen (Bild: TU Wien)
Die Quantenphysik ist ein großes Zufallsspiel: Die Atome in einer Atomwolke haben zunächst keinen festgelegten Aufenthaltsort. Ähnlich wie ein Würfel noch keine Augenzahl anzeigt, so lange er noch in der Luft herumwirbelt, befinden sich die Atome zunächst überall gleichzeitig. Erst bei der Messung werden die Positionen der Atome festgelegt. „Wir bestrahlen die Atomwolke mit Licht, das von den Atomen absorbiert wird“, erklärt Kaspar Sakmann. „Man fotografiert die Atome gewissermaßen und legt ihre Position damit fest. Das Ergebnis ist völlig zufällig.“
Allerdings unterscheidet sich dieser Quantenzufall vom Würfelspielen: Wenn man nämlich mit verschiedenen Würfeln gleichzeitig würfelt, kann man sie völlig getrennt voneinander betrachten. Ob man mit dem ersten Würfel eine Sechs würfelt, hat überhaupt keinen Einfluss darauf, welche Zahl beim Würfel Nummer sieben drankommen wird. Die Atome in der Atomwolke sind hingegen quantenphysikalisch miteinander verbunden. Man kann sie nicht getrennt voneinander betrachten, sie sind ein gemeinsames Quantenobjekt. Daher hängt das Ergebnis jeder Atom-
„Wir teilen das Problem Schritt für Schritt auf“, erklärt Sakmann. „Wir berechnen zuerst die Wahrscheinlichkeit, mit der sich das erste Teilchen an einer bestimmten Stelle befindet. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des zweiten Teilchens hängen dann davon ab, wo man das erste gefunden hat, der Ort des dritten Teilchens von den ersten beiden – und immer so weiter.“ Um die Verteilung zu berechnen, die das letzte Teilchen beschreibt, muss man ausnahmslos alle anderen Teilchen berücksichtigen – diese Art von Quantenverschränkung macht das Problem mathematisch höchst kompliziert.
Doch genau diese Art von höheren Korrelationen zwischen vielen Teilchen sind unverzichtbar – zum Beispiel um das Verhalten von kollidierenden Bose-
Berechnet wurden auch Bose-Einstein-Kondensate, die man mit einem Laserstrahl umrührt, woraufhin spontan an bestimmten Orten kleine Vortices entstehen – auch ein typischer Vielteilcheneffekt. „Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig diese Korrelationen sind, und dass man sie trotz aller Schwierigkeiten korrekt berücksichtigen kann“, sagt Sakmann. Mit einigen Modifikationen sollte die Rechenmethode auch für viele andere Quantensysteme anwendbar sein.
TU Wien / DE