26.01.2016

Kalt und korreliert

Neue Methode erlaubt Berechnung des kollektiven Verhalten von Bose-Einstein-Kondensaten.

Quantensysteme kann man nur dann auf einfache Weise berechnen, wenn sie aus wenigen Einzelteilen bestehen. Ein Wasser­stoff­atom ist kein Problem – eine Atomwolke, die tausende Teilchen enthält, kann man normalerweise nur näherungs­weise beschreiben. Der Grund dafür ist, dass die Teilchen quanten­physikalisch miteinander verbunden sind und nicht einfach getrennt voneinander betrachtet werden können. Kaspar Sakmann vom Atominstitut der TU Wien zeigt nun gemeinsam mit Mark Kasevich aus Stanford, dass man mit bestimmten Methoden sogar Effekte in ultrakalten Bose-Einstein-Kondensate berechnen kann, die sich nur durch die quanten­physikalische Korrelation zwischen vielen Atomen erklären lassen.

Abb.: Bose-Einstein-Kondensate, die Wellen schlagen: Ein Vielteilchen-Phänomen (Bild: TU Wien)

Die Quantenphysik ist ein großes Zufallsspiel: Die Atome in einer Atomwolke haben zunächst keinen festgelegten Aufenthalts­ort. Ähnlich wie ein Würfel noch keine Augenzahl anzeigt, so lange er noch in der Luft herumwirbelt, befinden sich die Atome zunächst überall gleichzeitig. Erst bei der Messung werden die Positionen der Atome festgelegt. „Wir bestrahlen die Atomwolke mit Licht, das von den Atomen absorbiert wird“, erklärt Kaspar Sakmann. „Man fotografiert die Atome gewissermaßen und legt ihre Position damit fest. Das Ergebnis ist völlig zufällig.“

Allerdings unterscheidet sich dieser Quantenzufall vom Würfelspielen: Wenn man nämlich mit verschiedenen Würfeln gleichzeitig würfelt, kann man sie völlig getrennt voneinander betrachten. Ob man mit dem ersten Würfel eine Sechs würfelt, hat überhaupt keinen Einfluss darauf, welche Zahl beim Würfel Nummer sieben drankommen wird. Die Atome in der Atomwolke sind hingegen quanten­physikalisch miteinander verbunden. Man kann sie nicht getrennt voneinander betrachten, sie sind ein gemeinsames Quanten­objekt. Daher hängt das Ergebnis jeder Atom-Aufenthalts­messung auf mathematisch komplizierte Weise von den Aufenthalts­orten aller anderen Atome ab. „Es ist nicht schwer, die Wahrscheinlichkeit zu ermitteln, dass man ein Teilchen an einem bestimmten Ort vorfinden wird“, sagt Kaspar Sakmann. „Im Zentrum der Wolke ist die Wahrscheinlichkeit am größten, nach außen hin nimmt sie stetig ab.“

„Wir teilen das Problem Schritt für Schritt auf“, erklärt Sakmann. „Wir berechnen zuerst die Wahrscheinlichkeit, mit der sich das erste Teilchen an einer bestimmten Stelle befindet. Die Aufenthaltswahrscheinlichkeiten des zweiten Teilchens hängen dann davon ab, wo man das erste gefunden hat, der Ort des dritten Teilchens von den ersten beiden – und immer so weiter.“ Um die Verteilung zu berechnen, die das letzte Teilchen beschreibt, muss man ausnahmslos alle anderen Teilchen berücksichtigen – diese Art von Quanten­verschränkung macht das Problem mathematisch höchst kompliziert.

Doch genau diese Art von höheren Korrelationen zwischen vielen Teilchen sind unverzichtbar – zum Beispiel um das Verhalten von kollidierenden Bose-Einstein-Kondensaten zu berechnen. „Aus dem Experiment weiß man, dass bei solchen Kollisionen spezielle Quantenwellen entstehen. An manchen Orten findet man viele Teilchen, gleich daneben überhaupt keine“, sagt Kaspar Sakmann. „Betrachtet man die Atome des Bose-Einstein-Kondensats einzeln, dann ist dieser Effekt nicht zu erklären. Erst wenn man die vollständige, Quanten-Verteilungsfunktion mit höheren Korrelationen betrachtet, tauchen diese Wellen in der Rechnung auf.“

Berechnet wurden auch Bose-Einstein-Kondensate, die man mit einem Laserstrahl umrührt, woraufhin spontan an bestimmten Orten kleine Vortices entstehen – auch ein typischer Viel­teilchen­effekt. „Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig diese Korrelationen sind, und dass man sie trotz aller Schwierig­keiten korrekt berücksichtigen kann“, sagt Sakmann. Mit einigen Modifikationen sollte die Rechen­methode auch für viele andere Quantensysteme anwendbar sein.

TU Wien / DE

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