22.07.2016

Kamera für elektromagnetische Felder

Extrem kurze Elektronenpulse machen Dynamik elektromagnetischer Felder sichtbar.

Elektro­magnetische Felder sind der Motor unserer Elektronik. Sie verändern sich rasend schnell, sind unsichtbar und damit schwer zu fassen. Eine bessere Kenntnis dieser Felder in elektro­nischen Bauteilen, wie etwa Tran­sistoren, ist allerdings notwendig, bevor die Elektronik der Zukunft Realität werden kann. Einen wichtigen Meilen­stein dorthin haben nun die Ultra­kurzzeit­physiker vom Labor für Atto­sekunden­physik LAP der Ludwig-Maxi­milians-Uni­versität München und des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik MPQ erreicht. Sie haben ein Elektronen­mikroskop gebaut, mit dem sie elektro­magnetische Felder sichtbar machen und deren ultra­schnelle Ver­änderungen aufzeichnen können.

Abb.: Dreidimensionale Darstellung der Veränderung eines elektromagnetischen Lichtfeldes, das sich um eine Mikroantenne gebildet hat. (Bild: P. Baum)

Alle elek­tronischen Geräte des Alltags werden letzt­endlich von elektro­magnetischen Feldern getrieben. Durch sie verschieben sich Elektronen und Ströme in Bauteilen wie etwa in Tran­sistoren. Dort sorgen sie letztendlich für Datenfluss oder Speicher­vorgänge. Eine bessere Kenntnis der elektro­magnetischen Feld­verläufe und ihrer ultra­schnellen Verän­derungen in elek­tronischen Bauteilen könnte die Elektronik der Zukunft effizienter gestalten. Das nun entwickelte Elektronen­mikroskop wird mit ultrakurzen Laserpulsen von wenigen Femto­sekunden Dauer betrieben. Diese Laserpulse erzeugen wiederum Elektronen­pulse, die nur aus einzelnen Elektronen bestehen und durch das Einwirken von Tera­hertz-Strahlung weiter verkürzt werden. Diese Technol­ogie haben die Münchner Physiker schon vorher entwickelt und sie erlaubt die Erzeugung von Elektronen­pulsen, die kürzer als eine halbe Schwingung einer Licht­welle sind.

Mit diesen ultra­kurzen Elektronen­pulsen werden nun elektro­magnetische Felder sichtbar gemacht. Im Experiment ließen die Physiker die Elektronen­pulse auf eine Mikroantenne treffen. Diese Mikroantenne wurde zuvor durch Terahertz-Strahlung angeregt, sodass in ihrem Umkreis optische Effekte, also elektro­magnetische Felder, entstanden. Gleichzeitig durchdrangen die kurzen Elektronen­pulse die Antenne. An den elektro­magnetischen Feldern wurden die Elektronen­pulse gestreut und deren Ablenkung aufgezeichnet. Über die Ablenkung der Elektronen­pulse erhielten die Forscher Auskunft über die räumliche Verteilung, die zeitliche Variation, die Richtung und die Polarisation des Lichts, das die Mikro­antenne aussendete.

„Um solche elektro­magnetischen Licht­felder zu visua­lisieren, sind zwei Vorrauset­zungen wichtig“, erklärt Peter Baum, der Leiter der Experimente. „Die Elektronen­pulse müssen kürzer sein als ein Lichtzyklus. Und zudem muss die Durch­gangszeit durch die zu untersuchende Struktur kürzer sein als ein Licht­zyklus.“ Die Elektronen­pulse fliegen ungefähr mit halber Licht­geschwindigkeit. Mit ihrer erweiterten Elektronen­mikroskopie haben die Physiker nun eine Grundlage geschaffen, selbst kleinste und schnellste elektr­omagnetische Felder exakt zu detektieren und damit besser zu verstehen, wie etwa Transis­toren oder optische Schalter arbeiten und was in ihnen passiert.

Interessant ist die neue Techno­logie außerdem für die Entwicklung und Analyse von Meta­materialien. Meta­materialien sind künst­liche Nano­strukturen, deren Durch­lässigkeit für elektrische und magnetische Felder von der in der Natur üblichen grundlegend abweicht, so dass optische Phänomene entstehen, die sich mit her­kömmlichen Stoffen niemals realisieren lassen. Meta­materialien eröffnen völlig neue Per­spektiven in der Optik und Opto­elektronik, und könnten zu wichtigen Bau­steinen für licht­getriebene Schaltkreise und Rechner der Zukunft werden. Mit ihrer Elektronen­mikroskopie-Techno­logie tragen die Physiker dazu bei, dies alles besser zu verstehen und Realität werden zu lassen.

MPQ / JOL

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