26.11.2021 • Energie

Karbonat statt Kohlendioxid

Umwandlung von kohlenstoffhaltigen in kohlenstofffreie Brennstoffe gelungen.

Die Natur kennt mehrere Wege, wie Kohlen­dioxid gebunden werden kann. Der bekannteste ist die Photosynthese, um mit Sonnenlicht CO2 in Biomasse umzuwandeln. Forschungs­gruppen weltweit bemühen sich, diesen Prozess nachzuahmen und eine künstliche Photo­synthese zu realisieren. Ziel ist hierbei, CO2 mit Hilfe von Licht effizient in synthetische Brennstoffe zu transformieren. Die Natur kennt aber auch andere Strategien, um Kohlen­dioxid zu binden, so findet sich CO2 in den Ozeanen dieser Welt als Karbonat gelöst. Zum Beispiel können Schalentiere wie Muscheln das gelöste Karbonat nutzen und daraus feste Strukturen zu ihrem eigenen Schutz formen, die auf Kalzium­karbonat basieren. Diese finden sich dann letztendlich in Felsgesteinen rund um den Globus wieder.

Abb.: Aus dem Substrat steigen Wasserstoff­bläschen auf, am Boden des...
Abb.: Aus dem Substrat steigen Wasserstoff­bläschen auf, am Boden des Gefäßes sammeln sich kleine Karbonatkristalle. (Bild: Nano-Inst.,LMU)

Inspiriert durch das Vorbild der Schalentiere haben Wissenschaftler am Nano-Institut der Universität München LMU eine Technik entwickelt, kohlen­stoffhaltige Brennstoffe in kohlenstoff­freie Brennstoffe umzuwandeln, ohne dabei CO2 frei werden zu lassen. Kohlen­stoff wird dabei als Karbonat gebunden. Die Nanophysiker verwendeten als Ausgangs­produkt alkalines Methanol und entwickelten ein System, welches unter Licht­einstrahlung daraus effizient Wasserstoff als Gas und Karbonat in Form kleiner Steinchen produzierte. Um bei dieser Umwandlung das einfallende Licht und die in atomarer Form vorliegenden Kata­lysatoren maximal nutzen zu können, entwickelten sie ein aus mehreren Kunststoff­lagen bestehendes Substrat. Darin entstand deutlich mehr Wasserstoff als bei bislang verwendeten Techniken, die thermische Energie einsetzen.

Den Großteil der Experimente machte dabei Yiou Wang, der derzeit als Stipendiat der Alexander-von-Humboldt Stiftung bei Jochen Feldmann am Lehrstuhl für Photonik und Opto­elektronik tätig ist. „Zunächst sah ich die vielen Wasserstoff­bläschen von den katalytisch belegten Polymerlagen aufsteigen und dann bemerkte ich, wie kleine Karbonat­kristalle aus der Lösung ausfielen“, sagt Wang. Jacek Stolarczyk, ein Experte für künstliche Photo­synthese, fügt hinzu: „Licht ist ein exzellentes Werkzeug, um Reaktionen zur Energie­umwandlung zu triggern, das ist viel praktischer, als hohe Temperaturen und hohe Drücke einzusetzen.“

Eine mögliche Anwendung besteht darin, Wasserstoff aus einfachen Alkoholen quasi vor Ort herstellen zu können. Hiermit würde man Risiken vermeiden, die beim Speichern und Transport von Wasser­stoff entstehen, etwa wenn man Brennstoff­zellen in Fahrzeugen verwendet. Solch ein kohlenstoff­neutraler und durch Licht ausgelöster Prozess kann Wasserstoff sicher und effizient generieren, ist potenziell hoch­skalierbar und daher vielversprechend für breit gefächerte Anwendungen. Jochen Feldmann bemerkt: „Die Vermeidung von CO2-Emissionen durch eine Bindung des Kohlenstoffs in Karbonaten könnte sich zu einem neuartigen Konzept bei der Verwendung kohlenstoff­haltiger Brennstoffe entwickeln.“

LMU / JOL

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