05.09.2011

Kasseler Physiker knacken die Attosekunden-Marke

Optische Messungen mit einer zeitlichen Präzision von 300 Zeptosekunden erlauben Vorstoß in völlig neue Bereiche der Spektroskopie.

Kürzestes je von Menschen aktiv beherrschtes Zeitintervall realisiert

Einen Vorstoß in völlig neue Zeitbereiche und ein neuer Rekord bezüglich des kürzesten jemals von Menschen aktiv beherrschten Zeitintervalls gelang jetzt Kasseler Physikern: Sie realisieren optische Messungen mit einer zeitlichen Präzision von 300 Zeptosekunden.

Damit haben die Kasseler Forscher im Fachgebiet Experimentalphysik III - Femtosekunden-Spektroskopie unter Leitung von Prof. Dr. Baumert den bisherigen Rekord von 12 atto Sekunden um den Faktor 40 unterboten.

Der Vorstoß in den Mikro- und Nanokosmos ist nicht nur ein Vordringen zu immer kleineren Strukturen, er ist auch mit dem Vordringen zu immer kürzeren Zeitskalen verknüpft. Ein geeignetes Mittel zur Erforschung von zeitlichen Abläufen auf Molekül- und Atom-Ebene sind ultrakurze Laserpulse. Diese Lichtblitze mit einer Dauer im Bereich von wenigen Billiardstel-Sekunden ermöglichen z. B. das Filmen und die gezielte Manipulation chemischer Reaktionen sowie die Herstellung maßgeschneiderter Moleküle.

Forscher der Universität Kassel arbeiten erfolgreich auf dem Gebiet, solche Laserblitze speziell für ein bestimmtes Experiment zu designen, d.h. die Form und Eigenschaften der Lichtpulse an die jeweiligen experimentellen Anforderungen gezielt anzupassen. Kürzlich ist es den Physikern Jens Köhler, Matthias Wollenhaupt, Tim Bayer, Cristian Sarpe und Thomas Baumert gelungen, eine zeitliche Präzision bei der Erzeugung solch maßgeschneiderter Laserpulse von 300 Zeptosekunden, das sind 0,000 000 000 000 000 000 3 Sekunden, zu realisieren. Dies stellt einen Vorstoß in völlig neue Zeitbereiche dar und bedeutet einen neuen Rekord bzgl. des kürzesten jemals von Menschen aktiv beherrschten Zeitintervalls. Ein Gefühl für die Kürze dieses Zeitintervalls bekommt man, wenn man sich vor Augen führt, welche Strecke das Licht innerhalb dieser Zeit zurücklegt. In 300 Zeptosekunden durchläuft das Licht eine Strecke, die ungefähr dem Durchmesser eines Wasserstoff-Atoms entspricht, wohingegen es in einer Sekunde in etwa die Strecke von der Erde zum Mond zurücklegt.

Die Kasseler Wissenschaftler haben diese intensiven, maßgeschneiderten Laserpulse aber nicht nur höchstpräzise erzeugt, sondern auch bereits erfolgreich in einem Experiment eingesetzt. Energiezustände in einem aus Laserlicht und Atomen gebildeten System konnten aktiv manipuliert und ein Hin- und Herschalten zwischen diesen Zuständen mit einer zeitlichen Genauigkeit von weniger als 10 Trillionstel-Sekunden demonstriert werden.

Mittels der in den durchgeführten Experimenten realisierten Präzision könnte in Zukunft ein Zugang zur Beobachtung und Kontrolle von noch schnelleren als den hier beschriebenen Prozessen auf atomarer Ebene gegeben sein. Die Arbeit der Kasseler Physiker ist kürzlich unter dem Titel „Zeptosecond Precision Pulse Shaping“ in der renommierten Fachzeitschrift Optics Express, 19(12), 11638-11653 (2011) erschienen.

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