16.08.2019 • Energie

Katalysatoren verwandeln Klimagase

Optimierte Prozesse, um aus Kohlendioxid wertvolle Substanzen zu gewinnen.

Das Erreichen der Ziele der Pariser Klimarahmen­konvention erfordert rasches Handeln. Für die Industrie hat das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB verschiedene neue techno­logische Lösungen entwickelt, das bei Verbrennungs­prozessen entstehende Treibhausgas Kohlenstoffdioxid zu nutzen: als Rohstoff zur Herstellung von Chemikalien, Kraftstoffen oder chemischen Energie­speichern. „Dies senkt den Netto-CO2-Ausstoß und schont zusätzlich fossile Ressourcen“, sagt Gerd Unkelbach, verantwortlich für das Geschäfts­feld Nach­haltige Chemie am Fraunhofer IGB.

Abb.: Dieses unschein­bare Pulver ist eine Vorstufe eines kupfer­basierten...
Abb.: Dieses unschein­bare Pulver ist eine Vorstufe eines kupfer­basierten Katalysators. (Bild: Fh.-IGB)

Zentrale Akteure der chemischen oder elektro­chemischen Umwandlungs­prozesse von CO2 sind Katalysatoren. „Wir entwickeln abere auch neue Verfahren und konstruieren entsprechende Apparate, um CO2 elektrochemisch – mit Strom aus erneuerbaren Energien – oder chemisch umzuwandeln, oder kombinieren diese mit biotechno­logischen Verfahren“, so Unkelbach. Kupfer spielt bei der Synthese von rege­nerativem Methanol aus CO2 und elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff als Katalysator eine Hauptrolle. Methanol ist ein vielseitiger chemischer Grundstoff, der auch für den Energie­sektor immer wichtiger wird, sei es als Kraftstoff­additiv für Verbrennungs­motoren wie auch als Energieträger in Brennstoff­zellen. Laut einer Studie der Dechema ließen sich pro Tonne Methanol immerhin bis zu 1,5 Tonnen CO2-Emissionen vermeiden, wenn Methanol nicht aus fossilen Rohstoffen, sondern aus CO2 oder anderen regenerativen Rohstoffen synthe­tisiert würde.

Die Kata­lysatoren für die Methanol­synthese werden aus kupferhaltigen Lösungen hergestellt, bisher mittels aufwändiger Fällprozesse über mehrere Zwischenstufen. „Um bei der Katalysator­synthese im industriellen Maßstab Energie, Zeit und Ressourcen einzusparen, haben wir das Verfahren für den konti­nuierlichen Betrieb optimiert“, erläutert Lénárd Csepei, der die Arbeiten am Institutsteil BioCat in Straubing vorangetrieben und das Verfahren zum Patent angemeldet hat. Eine weitere zum Patent angemeldete Methode zur Katalysator­synthese basiert auf der Auflösung von Metallverbindungen in stark eutektischen Lösungsmitteln. Mit diesem Verfahren können Katalysatoren unter­schiedlichster Element­zusammensetzung hergestellt und damit hinsichtlich ihrer Effizienz optimiert werden – nicht nur für die Herstellung von Methanol, sondern auch für andere chemische und elektro­chemische Synthese­prozesse.

Bei allen Synthese­prozessen entscheidet vor allem die Leistungs­fähigkeit des Katalysators, ob das gewünschte Produkt wirtschaftlich herstellbar ist. „Einer der wichtigsten Faktoren ist die möglichst hohe Ausbeute an gewünschtem Produkt. Neben­produkte sollen möglichst nicht entstehen“, erklärt Csepei. Um zu überprüfen, welcher Katalysator am besten für die Umsetzung geeignet ist, screenen die Fraunhofer-Forscher die in Frage kommenden Kandidaten in verschiedenen Reaktor­systemen. „In unserem Mehrzweck­system mit vier parallelen Reaktorrohren können wir Katalysatoren unter verschiedenen Reaktions­bedingungen – etwa unterschiedlichen Synthesegas­gemischen, Drücken und Temperaturen – im Hochdurchsatz testen“, so Csepei. Dabei werden die Reaktionen in Echtzeit analytisch verfolgt, sodass die entstehenden Produkte direkt quantitativ erfasst werden. Ein Reaktorsystem für die Testung von Katalysatoren bei Atmosphären­druck haben die Forscher selbst entworfen und gebaut. „Mit diesem Aufbau untersuchen wir sich anschließende Reaktions­kaskaden, also eine weitere katalytische Umsetzung, etwa mit biotechno­logischen Methoden“, sagt Csepei.

Aufbauend auf den optimierten Kata­lysatoren hat das IGB am Beispiel der elektro­chemischen Herstellung von Ethen, einem der wichtigsten Ausgangsstoffe der chemischen Industrie, im Fraunhofer-Leitprojekt „Strom als Rohstoff“ einen vollauto­matisierten Prototyp gebaut. Kernstück ist eine eigens entwickelte elektro­chemische Zelle: Diese überträgt die Elektronen für die Reaktion von CO2 auf einen wässrigen Elektrolyten und bringt diesen an einer porösen Gasdiffusions­elektrode mit Katalysator und gasförmigem Kohlenstoff­dioxid gezielt in Kontakt. „Mit dieser Anlage produzieren wir auf 130 Quadrat­zentimeter Elektroden­fläche und mit eigenen Katalysatoren Ethen aus CO2 und Wasser in einem einzigen Schritt“, führt Carsten Pietzka aus, der in Stuttgart forscht. „Vergleichbare Ergebnisse für diesen Elektro­syntheseprozess wurden bislang nur im Labormaßstab erzielt, mit Elektroden­flächen von wenigen Quadrat­zentimetern und nur in kleinem Maßstab herstellbaren Katalysatoren“, so der Wissenschaftler. Der konstruktive Aufbau des Demonstrators ist auf andere Elektrosynthese­prozesse übertragbar und ermöglicht Screenings von Katalysator- und Elektroden­materialien im nächstgrößeren Maßstab.

„Ab 2020 können wir mit der neuen Fraunhofer-Elektrolyse­plattform in Leuna elektro­chemische Synthesen auch in den industrie­nahen Maßstab skalieren“, ergänzt Ulrike Junghans, die am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechno­logische Prozesse CBP, dem Institutsteil Leuna des IGB, forscht. In dem von ihr geleiteten Projekt „SynLink“ soll auf dieser Plattform demonstriert werden, dass sich mit erneuer­barer Energie aus Wasser und CO2 – mittels Adsorption aus der Luft – Synthesegas herstellen lässt, das weiter chemo­katalytisch zu Methanol und Kraftstoffen umgesetzt wird.

Fh.-IGB / JOL

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