Katalyse in atomarer Auflösung
Abläufe einer Ullmann-Reaktion konnten mit einem Rasterkraftmikroskop verfolgt werden.
Physikern der Universität Basel ist es erstmals gelungen, mithilfe eines Rasterkraftmikroskops einem Silberkatalysator bei der Arbeit zuzusehen. Aus den Beobachtungen während einer Ullmann-Reaktion können die Forscher deren Energieumsatz berechnen und die Katalyse damit möglicherweise optimieren. Die untersuchte Ullmann-Reaktion ist eine chemische Reaktion, bei der Silberatome die Bindung von zwei Kohlenstoffatomen katalysieren, an denen vorher Iod gebunden war. Obwohl diese Art der Reaktion schon seit 1901 bekannt ist und für zahlreiche wichtige chemische Umwandlungen angewendet wird, konnte das Zwischenprodukt dieser Reaktion bisher nicht genau beobachtet werden.
Abb.: Das Zwischenprodukt der Ullmann-Reaktion mit dem Silberkatalysator (silbern) zwischen den Kohlenstoffringen (schwarz) und Schwefelatomen (gelb) krümmt sich wie eine Brücke über der Silber-Oberfläche. (Bild: U Basel)
Dieses Zwischenprodukt haben nun Forscher um Ernst Meyer und Shigeki Kawai vom Swiss Nanoscience Institute und dem Departement Physik der Universität Basel mithilfe eines Rasterkraftmikroskops in atomarer Auflösung dargestellt. Überraschenderweise zeigte sich, dass die Silberatome schon bei Temperaturen von etwa -120 °C mit den Molekülen reagieren und gekrümmt wie eine Brücke über einen Fluss erscheinen. Im zweiten Schritt der Reaktion, der eine Temperaturerhöhung auf etwa 105 °C benötigt und zum Endprodukt führt, werden die Silberatome wieder frei und zwei Kohlenstoffatomen binden aneinander.
Die Ullmann-Reaktion wird schon seit Langem für chemische Synthesen genutzt. In jüngster Zeit hat sich das Interesse an dieser Kopplung von Kohlenstoffatomen weiter verstärkt, da damit organische Moleküle an Oberflächen gebunden und lösungsmittelfrei Polymere hergestellt werden. Eine genaue Beobachtung der Arbeit des eingesetzten Katalysators lässt die Wissenschaftler den Ablauf der Reaktion besser verstehen. Bisherige Analysen konnten die räumliche Anordnung des metallorganischen Zwischenprodukts nicht zeigen. Erst die jetzt erhaltenen detailgenauen Aufnahmen ermöglichten dem Projektpartner Stefan Goedecker vom Departement Physik der Universität Basel, den Energieumsatz der untersuchten Ullmann-Reaktion zu berechnen. Diese Daten bestätigten die ungewöhnliche räumliche Anordnung des Zwischenprodukts und liefern Hinweise zur Optimierung der Reaktion.
Es liegt wahrscheinlich an der beobachteten Krümmung bzw. Flexibilität der Moleküle, dass die Reaktion relativ geringe Temperaturen von 105 °C benötigt. Die Moleküle stehen unter mechanischer Spannung und können somit leichter reagieren, also bei geringeren Temperaturen. Wenn es gelänge, auch mit andern Katalysatoren solche unter Spannung stehende Zwischenprodukte zu erreichen, könnten katalytische Reaktionen auch bei tieferen Temperaturen möglich werden. Dies wäre ökologisch und ökonomisch sinnvoll, da klassische Katalysatoren mit Platin, Rhodium oder Palladium oft hohe Betriebstemperaturen von 500 °C benötigen – was zur Emission von Abgasen im kalten Zustand führt.
U Basel / JOL