24.08.2016

Katalyse in atomarer Auflösung

Abläufe einer Ullmann-Reaktion konnten mit einem Rasterkraftmikroskop verfolgt werden.

Physikern der Univer­sität Basel ist es erstmals gelungen, mithilfe eines Rasterkraft­mikroskops einem Silber­katalysator bei der Arbeit zuzusehen. Aus den Beobachtungen während einer Ullmann-Reaktion können die Forscher deren Energie­umsatz berechnen und die Katalyse damit möglicher­weise optimieren. Die untersuchte Ullmann-Reaktion ist eine chemische Reaktion, bei der Silber­atome die Bindung von zwei Kohlen­stoff­atomen katalysieren, an denen vorher Iod gebunden war. Obwohl diese Art der Reaktion schon seit 1901 bekannt ist und für zahlreiche wichtige chemische Um­wandlungen angewendet wird, konnte das Zwischen­produkt dieser Reaktion bisher nicht genau beobachtet werden.

Abb.: Das Zwischenprodukt der Ullmann-Reaktion mit dem Silberkatalysator (silbern) zwischen den Kohlenstoffringen (schwarz) und Schwefelatomen (gelb) krümmt sich wie eine Brücke über der Silber-Oberfläche. (Bild: U Basel)

Dieses Zwischen­produkt haben nun Forscher um Ernst Meyer und Shigeki Kawai vom Swiss Nano­science Institute und dem Departement Physik der Uni­versität Basel mithilfe eines Rasterkraft­mikroskops in atomarer Auflösung dargestellt. Über­raschender­weise zeigte sich, dass die Silber­atome schon bei Temperaturen von etwa -120 °C mit den Molekülen reagieren und gekrümmt wie eine Brücke über einen Fluss erscheinen. Im zweiten Schritt der Reaktion, der eine Temperatur­erhöhung auf etwa 105 °C benötigt und zum Endprodukt führt, werden die Silberatome wieder frei und zwei Kohlen­stoffatomen binden aneinander.

Die Ullmann-Reaktion wird schon seit Langem für chemische Synthesen genutzt. In jüngster Zeit hat sich das Interesse an dieser Kopplung von Kohlenstoff­atomen weiter verstärkt, da damit orga­nische Moleküle an Ober­flächen gebunden und lösungs­mittelfrei Polymere hergestellt werden. Eine genaue Beo­bachtung der Arbeit des eingesetzten Katal­ysators lässt die Wissen­schaftler den Ablauf der Reaktion besser verstehen. Bisherige Analysen konnten die räumliche Anordnung des metall­organischen Zwischen­produkts nicht zeigen. Erst die jetzt erhaltenen detail­genauen Aufnahmen ermöglichten dem Projekt­partner Stefan Goedecker vom Departement Physik der Uni­versität Basel, den Energie­umsatz der unter­suchten Ullmann-Reaktion zu berechnen. Diese Daten bestätigten die unge­wöhnliche räumliche Anordnung des Zwischen­produkts und liefern Hinweise zur Opti­mierung der Reaktion.

Es liegt wahr­scheinlich an der beo­bachteten Krümmung bzw. Flexi­bilität der Moleküle, dass die Reaktion relativ geringe Tempera­turen von 105 °C benötigt. Die Moleküle stehen unter mecha­nischer Spannung und können somit leichter reagieren, also bei gerin­geren Tempera­turen. Wenn es gelänge, auch mit andern Kata­lysatoren solche unter Spannung stehende Zwischen­produkte zu erreichen, könnten kata­lytische Reaktionen auch bei tieferen Tempe­raturen möglich werden. Dies wäre öko­logisch und ökonomisch sinnvoll, da klas­sische Kata­lysatoren mit Platin, Rhodium oder Palladium oft hohe Betriebs­temperaturen von 500 °C benötigen – was zur Emission von Abgasen im kalten Zustand führt.

U Basel / JOL

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