Keine Isotopen-Unterschiede im Sonnenwind
Überraschenderweise zeigen unterschiedliche Sonnenwind-Proben der Raumsonde Genesis dieselbe Isotopenzusammensetzung bezüglich Neon und Argon.
Überraschenderweise zeigen unterschiedliche Sonnenwind-Proben der Raumsonde Genesis dieselbe Isotopenzusammensetzung bezüglich Neon und Argon.
Die amerikanische Raumsonde Genesis hat in den Jahren 2001 bis 2004 Teilchen des so genannten Sonnenwindes eingesammelt. Trotz einer Bruchlandung in der Wüste von Utah ließen sich Bruchstücke der Kollektoren retten und ein Teil der Proben auswerten. Wie die Forscher des Genesis-Teams jetzt in „Science“ berichten, zeigen die Proben bezüglich der Isotopenzusammensetzung von Neon und Argon keinerlei Unterschiede, obwohl sie aus ganz unterschiedlichen Arten des Sonnenwinds stammen und damit auch durch unterschiedliche physikalische Prozesse verursacht werden.
„Die Aufgabe der Genesis-Mission war es, hochpräzise Daten über die Zusammensetzung des Sonnenwinds zu liefern“, schreiben Alex Meshik von der Washington University in St. Louis und seine Kollegen. „Diese Daten sollen zu besseren Theorien über die Fraktionierungen im Sonnenwind führen. Diese können uns dann wiederum bessere Werte für die chemische Zusammensetzung an der Sonnenoberfläche liefern, die für die Planetenforschung wichtig sind.“
Die Planetenforscher gehen bei ihren Modellen der Planetenentstehung davon aus, dass die ursprüngliche Zusammensetzung des Urnebels, aus dem unser Sonnensystem entstanden ist, sich in der äußeren Konvektionszone der Sonne nahezu unverändert erhalten hat. Über den Sonnenwind lässt sich die Zusammensetzung der äußeren Sonnenschichten zwar im Prinzip untersuchen. Doch die physikalischen Prozesse, die den Sonnenwind erzeugen, können sowohl die chemische, als auch die Isotopen-Zusammensetzung verändern. Diesen Prozess nennen die Fachleute „Fraktionierung“. Um also auf die ursprüngliche Zusammensetzung des Urnebels schließen zu können, ist ein genaues Verständnis der Fraktionierungsprozesse notwendig.
Mit ihren Kollektoren aus ultrareinen Materialien – Silizium, Diamant, Saphir, Gold, Aluminium und Germanium – hat Genesis 27 Monate lang Atome und Ionen des Sonnenwindes eingefangen. Wichtig war dabei, Materie aus unterschiedlichen Arten des Sonnenwinds einzusammeln. Dazu wurde der Sonnenwind überwacht und jeweils unterschiedliche Kollektoren eingesetzt, je nachdem, ob es sich um langsamen Wind (Geschwindigkeiten bis zu 475 km/s), schnellen Wind (über 525 km/s) oder Wind in koronalen Massenauswürfen gehandelt hat.
Abb.: Die Raumsonde Genesis hat in den Jahren 2001 bis 2004 mit ihren Kollektoren Teilchen des Sonnenwindes eingesammelt. (künstlerische Darstellung, Quelle: Nasa/JPL)
Denn diese unterschiedlichen Arten des Sonnenwinds werden durch verschiedene Prozesse verursacht und sollten deshalb auch unterschiedliche Fraktionierungen zeigen. Meshik und seine Kollegen haben die Häufigkeiten der Edelgase Neon und Argon in den von Genesis zur Erde zurückgebrachten und nach der Bruchlandung geretteten Proben untersucht. Während sich die chemische Zusammensetzung der unterschiedlichen Sonnenwinde wie erwartet unterscheidet, konnten die Forscher zu ihrer Überraschung jedoch im Rahmen der Messgenauigkeit keine Unterschiede in der Isotopenzusammensetzung für diese beiden Elemente finden.
„Das steht in klarem Widerspruch zu den Sonnenmodellen und den Transportmechanismen in den magnetischen Strukturen der Chromosphäre und den Übergangszonen der Korona, die üblicherweise für die chemische Fraktionierung verantwortlich gemacht werden“, betont Kurt Marti von der University of California in San Diego in einem begleitenden Kommentar in „Science“. „Sowohl die Planeten- als auch die Sonnenforscher warten nun ungeduldig auf Informationen über die Isotopenhäufigkeiten anderer Elemente, die von den Genesis-Kollektoren gesammelt wurden.“
Rainer Kayser
Weitere Infos:
- Originalarbeit:
A. Meshik et al., Constraints on Neon and Argon Isotopic Fractionation in Solar Wind, Science 318, 433 (2007).
http://dx.doi.org/10.1126/science.1145528 - Kommentar:
K. Marti, Sampling the Sun, Science 318, 401 (2007).
http://dx.doi.org/10.1126/science.1149379 - Genesis:
http://genesismission.jpl.nasa.gov - Washington University, St. Louis:
http://www.wustl.edu - University of California, San Diego:
http://www.ucsd.edu
Weitere Literatur:
- J. Geiss et al., The Apollo SWC Experiment: Results, Conclusions, Consequences, Space Science Review 110, 307 (2004).
- R. von Steiger und J. Geiss, Supply of fractionated gases to the corona, Astronomy and Astrophysics 225, 222 (1989).
- Grimberg et al., Solar Wind Neon from Genesis: Implications for the Lunar Noble Gas Record, Science 314, 1133 (2006).