14.12.2018

Keine Mini-Detektoren für Gravitationswellen

Bose-Einstein-Kondensate können der­zeit keine Raumzeit-Schwin­gungen nach­weisen.

Die von schwarzen Löchern in den Tiefen des Weltraums aus­ge­lösten Gravi­ta­tions­wellen erreichen zwar durch­aus die Erde. Ihre Wirkungen sind aber so gering, dass sie bisher nur mit kilo­meter­großen Detektor­anlagen beob­achtet werden konnten. Wissen­schaftler disku­tieren jedoch, ob nicht auch super­kalte und extrem kleine Bose-Einstein-Konden­sate mit ihren geord­neten Quanten­eigen­schaften diese Wellen auf­spüren könnten. Ralf Schütz­hold vom Helm­holtz-Zentrum Dresden-Rossen­dorf und der TU Dresden hat diese Vor­schläge jetzt genau betrachtet und stellt ernüch­ternd fest: Ein solcher Nach­weis ist weit außer­halb der Reich­weite der der­zeitigen Methoden.

Abb.: Die Illustration zeigt, wie zwei schwarze Löcher mit­ein­ander...
Abb.: Die Illustration zeigt, wie zwei schwarze Löcher mit­ein­ander ver­schmelzen, was zur Ent­stehung von Gravi­ta­tions­wellen führt. (Bild: T. Pyle, LIGO)

Im Juni 1916 reichte Albert Einstein einen Artikel bei der Preußischen Akademie der Wissen­schaften ein, in dem er zeigte, dass sich bewegende Massen, wie ein­ander umkrei­sende Riesen­sterne, Schwingungen in Raum und Zeit hinter­lassen, die sich mit Licht­geschwin­dig­keit aus­breiten. Diese Gravi­ta­tions­wellen wären aber so schwach, dass man sie kaum jemals messen könne, war Einstein über­zeugt. Doch da irrte der berühmte Forscher. Inzwischen gelang mit den großen Detektor­anlagen LIGO und VIRGO der Nach­weis von Gravi­ta­tions­wellen, die in Milli­arden Licht­jahren Ent­fernung durch die Ver­schmel­zung von schwarzen Löchern oder Neutronen­sternen ent­standen.

Eine Möglichkeit, Gravitationswellen ohne große Detektor­anlagen nach­zu­weisen, könnten Bose-Einstein-Konden­sate bieten. „Solche Konden­sate kann man sich als stark ver­dünnten Dampf von ein­zelnen Atomen vor­stellen, die extrem stark abge­kühlt werden und dabei konden­sieren“, erläutert Schütz­hold. Bei extrem tiefen Tempe­ra­turen, die nur sehr wenig über dem abso­luten Null­punkt liegen, befinden sich die aller­meisten Atome von Metallen wie Rubi­dium im gleichen Quanten­zustand, während sie als Dampf bei höheren Tempe­ra­turen ein wildes Durch­ein­ander bilden. „Ähn­lich wie die Licht­teil­chen in einem Laser bewegen sich die Atome dieser Bose-Einstein-Konden­sate sozu­sagen im Gleich­schritt“, so Schütz­hold. Gravi­ta­tions­wellen aber können bei den Atom-Konden­saten Phononen ver­ändern. „Das ähnelt ein wenig einem großen Bottich mit Wasser, in dem die Wellen eines Erd­bebens die vor­han­denen Wasser­wellen ver­ändern.“

Als Schützhold sich allerdings die Grundlagen des Phänomens genauer anschaute, stellte sich heraus, dass Bose-Einstein-Konden­sate um etliche Größen­ord­nungen größer sein müssten, als sie der­zeit möglich sind, um Gravi­ta­tions­wellen auf­zu­spüren, die von ver­schmel­zenden schwarzen Löchern aus­gehen. „Heute erhält man mit großem Auf­wand Bose-Einstein-Konden­sate mit zum Beispiel einer Million Rubi­dium-Atomen. Man bräuchte aber weit mehr als die millionen­fache Menge dieser Atome, um Gravi­ta­tions­wellen nach­zu­weisen“, so der Forscher. Zwar gibt es durch­aus eine Alter­native, bei der im Bose-Einstein-Kondensat eine Art Wirbel ent­stehen, in denen Gravi­ta­tions­wellen Phononen direkt erzeugen, die sich leichter beob­achten lassen. „Aber auch bei solchen inhomo­genen Bose-Einstein-Konden­saten sind wir noch um Größen­ord­nungen vom Nach­weis von Gravi­ta­tions­wellen ent­fernt“, bedauert Schütz­hold.

Der Forscher liefert allerdings einen Hinweis auf einen anderen möglichen Nach­weis: Kühlt man das Edel­gas Helium auf Tempe­ra­turen ab, die weniger als zwei Grad über dem abso­luten Null­punkt liegen, ent­steht eine super­fluide Flüssig­keit, die zwar kein reines Bose-Einstein-Kondensat ist, aber immerhin knapp zehn Prozent solcher Helium-Atome im Gleich­schritt ent­hält. Weil man viel größere Mengen dieses super­fluiden Heliums her­stellen kann, erhält man damit um viele Größen­ord­nungen mehr Bose-Einstein-Kondensat-Atome als mit der direkten Her­stel­lung. „Ob super­fluides Helium aber wirk­lich ein Weg ist, um Gravi­ta­tions­wellen nach­zu­weisen, könnten nur extrem kompli­zierte Berech­nungen zeigen“, fasst Schütz­hold zusammen. Die Mini-Detek­toren für Gravi­ta­tions­wellen liegen daher noch einige Zeit in der Zukunft.

HZDR / RK

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