06.03.2013

Ketchup im Strömungskanal

Biophysiker entwickeln ein Modell komplexer Flüssigkeiten mit unterschiedlich langen Molekülen.

Blut, Farbe oder Ketchup sind komplexe Flüssigkeiten, die aus mehreren unterschiedlichen Bestandteilen zusammengesetzt sind. Für die Konstruktion von Pumpen oder die Verbesserung technischer Prozesse benötigen Wissenschaft und Technik Beschreibungsmodelle. Sie machen die besonderen Eigenschaften solcher Flüssigkeiten berechenbar. Forscher der Technischen Universität München und der Eidgenössisch Technischen Hochschule Zürich haben nun ein solches Modell entwickelt.

Abb.: Markus Harasim verfolgt am Mikroskop die Bewegung von Polymermolekülen in einem Strömungskanal. (Bild: Andreas Battenberg, TUM)

Das ungewöhnliche Verhalten komplexer Flüssigkeiten kennen wir aus dem Alltag: Kuchenteig steigt beim Rühren am Rührstab hoch, Ketchup wird flüssiger, wenn man ihn schüttelt. Auch die Technik nutzt solche Phänomene: Wenn man eine kleine Menge langkettiger Kunststoffmoleküle zugibt, kann eine Pipeline viel mehr Erdöl transportieren, weil die Polymere den Fließwiderstand verringern. Doch der Ursprung dieser Effekte war bislang unklar. Die Ingenieure waren auf Schätzungen und langwierige Versuchsreihen angewiesen.

Ein Physikerteam unter Leitung von Andreas Bausch von der TU München entwickelte nun ein Beschreibungsmodell für solche Flüssigkeiten. Experimentelles Herzstück der Arbeit sind ein feiner Strömungskanal und eine Mikrokamera. Ähnlich wie die Kamera, die bei Formel 1-Rennen von oben auf die Boxengasse blickt, beobachteten die Wissenschaftler damit die Bewegungen einzelner Polymermoleküle in der Strömung. Daraus leiteten sie ein theoretisches Modell für die Bewegung verschieden steifer Moleküle in der Strömung ab.

Abb.: Lang gestreckte Moleküle machten die Forscher per Fluoreszenz sichtbar. (Bild: M. Harasim et al., TUM)

Schon ein einfaches System aus Wasser und Polymer zeigt die Effekte komplexer Flüssigkeiten. Um darin die lang gestreckten Moleküle sichtbar zu machen, markierten die Physiker die Polymere mit einem fluoreszierenden Farbstoff. So ließen sich die Bewegungen unter verschiedenen Bedingungen studieren.

Bei der mathematischen Modellierung zeigte sich, dass bereits das einfache Modell eines steifen Stabes als Ausgangsbasis geeignet war. Dieses Modell verfeinerten die Wissenschaftler dann durch Berücksichtigung der Wärmebewegung, der Biegsamkeit des Moleküls und des höheren Strömungswiderstands eines gebogenen Polymers. „Da wir die mikroskopischen Mechanismen nun kennen, können wir darauf Modelle für kompliziertere Geometrien und Strömungen aufbauen. Und mit dem vorgestellten experimentellen Ansatz sollten sich diese auch beweisen lassen“, sagt Bernhard Wunderlich von der TU München.

Die Arbeiten wurden mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Exzellenzclusters Nanosystems Initiative Munich (NIM) unterstützt.

TUM / AH / DE

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