17.11.2023

KI für Perowskit-Solarzellen

Maschinelles Lernen sagt Qualität von Perowskit-Schichten vorher.

Tandemsolarzellen auf Basis von Perowskit-Halbleitern können das Sonnenlicht effizienter in Strom umwandeln als herkömmliche Silizium-Solarzellen. Um diese Technologie auf den Markt zu bringen, müssen Stabilität und Produktionsprozesse weiter verbessert werden. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie sowie der Plattformen Helmholtz Imaging am Deutschen Krebsforschungs­zentrum (DKFZ) und Helmholtz AI, haben nun einen Weg gefunden, die Qualität der Perowskit-Schichten und damit der Solarzellen vorherzusagen: Mit maschinellem Lernen lässt sich diese bereits bei der Herstellung aus Variationen in der Lichtemission erkennen. 

Abb.: Mit Unterstützung von KI-Methoden wollen Forschende die...
Abb.: Mit Unterstützung von KI-Methoden wollen Forschende die Herstellungsprozesse für hocheffiziente Perowskit-Solarzellen verbessern.
Quelle: A. Bramsiepe, KIT

Perowskit-Tandem­solarzellen kombinieren eine Perowskit- mit einer konven­tionellen Solarzelle, beispielsweise auf Basis von Silizium. Sie sind mit einem Wirkungsgrad von derzeit mehr als 33 Prozent viel effizienter sind als herkömmliche Silizium-Solarzellen – bei kostengünstigen Ausgangs­stoffen und einfachen Herstellungs­methoden. Voraussetzung, um diesen Wirkungsgrad zu erreichen, ist eine sehr hochwertige und extrem dünne Perowskit-Schicht. „Eine der größten Heraus­forderungen ist dabei, diese hochwertigen multikristallinen Dünnschichten mit kostengünstigen und skalierbaren Verfahren ohne Defekte und Löcher herzustellen“, erklärt Ulrich W. Paetzold vom Institut für Mikrostruktur­technik sowie vom Lichttechnischen Institut des KIT. Selbst unter augenscheinlich perfekten Bedingungen im Labor führen unbekannte Einflüsse zu Schwankungen in der Qualität der Halbleiterschichten: „Dies verhindert letztendlich den raschen Start der industriellen Produktion dieser hocheffizienten Solarzellen, die wir für die Energiewende so dringend benötigen“, so Paetzold.

Um herauszufinden, welche Faktoren die Beschichtung beeinflussen, hat sich ein inter­disziplinäres Team aus den Perowskit-Solarzellen-Fachleute vom KIT mit Spezialistinnen und Spezialisten für maschinelles Lernen und erklärbare künstliche Intelligenz (XAI) von Helmholtz Imaging und Helmholtz AI am DKFZ in Heidelberg zusammen­geschlossen. Die Forschenden haben KI-Methoden entwickelt, die neuronale Netzwerke mithilfe eines großen Datensatzes trainieren und analysieren. Der Datensatz beinhaltet Videoaufnahmen der Photo­lumineszenz der Perowskit-Dünnschichten während des Herstellungsprozesses. „Da selbst Fachleute nichts Bemerkenswertes auf den Dünnschichten erkennen konnten, entstand die Idee, eine KI für maschinelles Lernen darauf zu trainieren, verborgene Indizien für eine gute oder schlechte Beschichtung in den Millionen Daten aus den Videos zu finden“, erklären Lukas Klein und Sebastian Ziegler von Helmholtz Imaging am DKFZ. Um die sehr breit gestreuten Hinweise der Deep-Learning-KI zu filtern und zu analysieren, nutzten die Forschenden im Nachgang Methoden der erklärbaren künstlichen Intelligenz.

Das Ergebnis: Die Forschenden konnten im Versuch erkennen, dass die Photo­lumineszenz während der Produktion variiert und dies die Beschichtungsqualität beeinflusst. „Entscheidend bei der Arbeit war, dass wir XAI-Methoden gezielt eingesetzt haben, um zu sehen, welche Faktoren sich für eine hochwertige Solarzelle ändern müssten“, so Klein und Ziegler. Das sei üblicherweise nicht der Fall. Meist nutze man XAI nur als eine Art Leitplanke, um Fehler beim Bauen von KI-Modellen zu vermeiden: „Das ist ein Paradigmen­wechsel, und dass wir so systematisch hochrelevante Erkenntnisse in Material­wissenschaften gewinnen können, ist neu.“ Denn die Antwort nach der Variation der Photolumineszenz ermöglichte es den Forschenden weiterzugehen. 

Nach entsprechendem Training der neuronalen Netzwerke konnte die KI voraussagen, ob die Solarzelle einen niedrigen oder hohen Wirkungs­grad erreicht, je nachdem wann welche Variation in der Lichtemission im Laufe der Produktion stattfand. „Das sind extrem spannende Ergebnisse“, so Ulrich W. Paetzold. „Dank des kombinierten Einsatzes der KI haben wir eine Idee, an welchen Stellschrauben wir zuallererst drehen müssen, um die Produktion zu verbessern. Wir können unsere Experimente zielgerichteter durchführen und müssen nicht mehr im Dunkeln die Nadel im Heuhaufen suchen. Das ist eine Blaupause für Folgeforschung, auch für viele weitere Aspekte in der Energieforschung und den Material­wissenschaften.“

KIT / JOL

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