27.03.2018

Klare Kante im Katalysator

Katalysatoren mit kantigen Nanopartikeln sind deutlich effizienter.

Abgas-Katalysatoren arbeiten wirksamer mit Nano­partikeln einer kantigeren Form. Das zeigt eine Untersuchung an DESYs Röntgen­licht­quelle PETRA III. Forscher des DESY NanoLabs haben dafür die Umwandlung von giftigem Kohlen­monoxid zu ungiftigem Kohlen­dioxid an Edel­metall-Nano­partikeln live beobachtet, die auch in einem Auto-Katalysator enthalten sind. Möglichst viele Kanten zwischen den mit einem Nano­oxid bedeckten Partikel­seiten steigern demnach die Effizienz der Katalyse-Reaktion.

Abb.: Sauerstoff (rot) bildet auf metallischen Nano­partikeln Oxid-Schichten, die die Reaktion von Kohlen­monoxid zu Kohlen­dioxid behindern. Je mehr Kanten die verwendeten Nano­partikel besitzen, desto effizienter kann der Katalysator arbeiten. (Bild: DESY / Lucid Berlin)

In Katalysatoren verwendet man gewöhnlich Nano­partikel, da sie bei gleicher Stoff­menge eine erheblich größere Ober­fläche bieten, an der die katalytische Reaktion ablaufen kann. Für die hier vorgestellte Studie züchteten die Forscher im DESY NanoLab Platin-Rhodium-Nano­partikel so auf einem Substrat, dass nahezu alle Partikel dieselbe Ausrichtung und Form abgeschnittener Okta­eder hatten. Die katalytischen Eigenschaften dieser Probe untersuchten die Wissen­schaftler unter den typischen Arbeits­bedingungen eines Auto-Katalysators und bei verschiedenen Gas­zusammen­setzungen in einer Reaktions­kammer im hellen Röntgenlicht von PETRA III an der Mess­station P09.

Die Effizienz von Katalysator­materialien lässt sich mit einem Massen­spektro­meter messen, das den Anteil bestimmter Moleküle im Abgas anzeigt, also in diesem Fall das Verhältnis von Kohlen­monoxid, Sauer­stoff und Kohlen­dioxid. „Wir machen quasi einen Abgas­test an den Nano­partikeln“, sagt die Haupt­autorin der Studie, Uta Hejral, die inzwischen an der Universität Lund in Schweden arbeitet. Dank der parallelen Ausrichtung der Nano­partikel konnten die Forscher in dieser Unter­suchung auch sehen, an welcher Stelle auf der Ober­fläche der Nano­partikel die Reaktion besonders effizient ablief. „Hier können wir die Reaktion wirklich auf atomarer Skala verfolgen“, betont Hejral.

Normalerweise sitzen die Edelmetall-Nano­partikel in einem Auto-Katalysator auf winzigen Substrat­krümeln, die zusammen­kleben und komplexe Strukturen bilden. „Das ist schwer im Röntgen­licht zu untersuchen, da die Edel­metalle nur wenige Gewichts­prozent ausmachen und vor allem die Nano­partikel ganz unter­schiedlich orientiert sind“, erläutert Andreas Stierle, leitender Wissenschaftler bei DESY und Professor für Nano­wissenschaften an der Universität Hamburg. „Im Röntgen­licht erzeugt jedes Partikel ein Streu­bild, und diese Streu­bilder überlappen sich in unüber­schaubaren Mustern. Durch die parallele Ausrichtung sind jedoch auch die Streu­bilder aller Nano­partikel gleich ausgerichtet und verstärken sich. Auf diese Weise lassen sich verschiedene Facetten der Nano­partikel, also ihre unterschiedlichen Ober­flächen, identifizieren und gezielt beobachten.“

Die Untersuchung zeigt, dass die Reaktivität der Nano­partikel bei einem bestimmten Wert der Sauer­stoff­konzentration stark ansteigt. „Das geschieht, wenn gerade genug Sauer­stoff verfügbar ist, um jedes Kohlen­monoxid-Molekül zu Kohlen­dioxid zu oxidieren“, sagt Stierle. Oberhalb dieser Konzentration sinkt die Reaktivität langsam wieder, weil sich auf den Oberflächen der Partikel durch den Sauer­stoff immer größere Oxid­inseln bilden und die Reaktion behindern. Die Röntgen­untersuchung zeigt die atomare Ober­flächen­struktur der Nano­partikel mit bisher unerreichter Auflösung unter Reaktions­bedingungen. Dabei ist zu sehen, dass sich die verschiedenen Kristall­flächen der Nano­partikel ab einer bestimmten Sauerstoff­konzentration mit einem Sauer­stoff-Rhodium-Sauer­stoff-Sandwich bedecken, bis zum Schluss die Metall­oberfläche quasi ganz unter diesem Nano­oxid verschwunden ist.

„Das Oberflächenoxid bildet schließlich eine geschlossene Schicht auf den Nano­partikeln“, berichtet Hejral. „Das ist zunächst ungünstig für die gewünschte Reaktion, weil sich dann nur noch schwer Kohlen­monoxid­moleküle anlagern können. An den Kanten zwischen den Facetten der Nano­partikel kann der Sauer­stoff aber keine geschlossene Schicht bilden, was zu einer erhöhten Reaktivität der Kanten führt.“ Diese Erkenntnis liefert einen direkten Weg zu wirksameren Katalysatoren: „Es ist zu erwarten, dass der Katalysator umso effizienter wird, je mehr Kanten die Nano­partikel im Verhältnis zu ihrer Ober­fläche haben“, sagt Stierle. Diese Erkenntnis lasse sich voraussichtlich auch auf viele andere katalytische Reaktionen übertragen. Wie stark sich dadurch die Effizienz steigern lässt, müssen weitere Unter­suchungen zeigen.

DESY / DE

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