Klare Kommunikation über den Wolken
Prototyp für den neuen digitalen Flugfunkstandard LDACS wird erprobt.
Ende März 2019 hebt das Forschungsflugzeug Falcon des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR mit einer Weltpremiere für die Luftfahrt ab. Erstmals wird ein Prototyp für den neuen digitalen Flugfunkstandard LDACS – L-band Digital Aeronautical Communications System – erprobt. Dieser soll zukünftig einen sicheren und effizienten Datenaustausch zwischen Flugsicherung und Cockpit bis hin zur 4D-Flugroute ermöglichen. Zusätzlich realisiert die Technik ein alternatives Navigationssystem für die Luftfahrt, das aus den LDACS-Signalen der Bodenstationen die Flugzeugposition bestimmt. Vier Teststationen werden im Laufe der Forschungsflüge in Oberbayern überflogen. Mit diesen Tests rückt die weltweite Einführung in greifbare Nähe.
„Im Prinzip funktioniert LDACS für die Luftfahrt ähnlich wie der Mobilfunk am Boden“, erklärt Michael Schnell vom DLR-Institut für Kommunikation und Navigation in Oberpfaffenhofen, wo seit 2007 die neue Technik gemeinsam mit Partnern entwickelt wird. „Die Bodenstation entspricht der Mobilfunk-Basisstation und das Funkgerät im Flugzeug dem Smartphone.“ Die neue Technologie, mit der sich Piloten und Lotsen besser verständigen können, ermöglicht sowohl Sprachkommunikation in CD-Qualität als auch schnellen Datenaustausch. „Die besondere Herausforderung bestand darin, dass keine neuen Frequenzen für diesen digitalen Dienst zur Verfügung gestellt werden konnten“, erklärt Christoph Günther, Leiter des DLR-Instituts für Kommunikation und Navigation. „Deshalb mussten Verfahren entwickelt werden, die es erlauben den Dienst parallel zu anderen Diensten im selben Frequenzband zu betreiben.“ Aktuell wird die Technik im Forschungsprojekt MICONAV (Migration towards Integrated COM/NAV Avionics) zur Flugreife gebracht.
Wenn Fluglotsen heute Piloten anweisen, ihren Kurs oder Ihre Flughöhe zu ändern, geschieht dies mittels analogen Sprechfunks. Dieses Vorgehen wird seit den 1930er Jahren angewandt. „Es ist zwar immer noch sicher und robust, aber umständlich zu bedienen“, erklärt Schnell. „Die Piloten müssen sich noch immer mündlich an- und abmelden und die Funkfrequenzen von Hand eingeben.“ Die Technologie benötigt zudem ein breites Frequenzspektrum. Das ist problematisch, weil nur begrenzt Frequenzen verfügbar sind und die Anzahl der Flugbewegungen weiter steigt.
Mit LDACS können Piloten und Fluglotsen künftig nicht nur schneller und effizienter kommunizieren, sondern auch komplexe Informationen austauschen, die mit analogem Sprechfunk gar nicht übermittelbar sind. In Zukunft werden Lotsen den Flugzeugen digital vierdimensionale Trajektorien vorgeben können, also Flugpfade mit Zeitstempeln. Zudem kann das System ergänzend zu Satellitennavigationssystemen, präzise Ortsbestimmungen des Flugzeugs über die Abstandsermittlung zu mindestens vier Bodenstationen liefern. „Sollten die Signale der GPS oder Galileo Satelliten gestört werden, stünde den Piloten über LDACS immer noch eine präzise Ortsbestimmung zur Verfügung“, so Schnell. „Das schafft zusätzliche Sicherheit.“
"Für die jetzigen Testflüge steuern wir neu eingerichtete LDACS-Bodenstationen in Oberpfaffenhofen, Schwabmünchen, Peiting und Königsdorf an", sagt DLR-Flugversuchspilot Michael Grossrubatscher. Dabei testen die Forscher die neue Technik auf ausreichende Datenübertragungsgeschwindigkeit, reibungslosen Wechsel zwischen den Bodenstationen, Reichweite und Genauigkeit der Navigationsfunktion. „Bisher haben wir all das nur modellhaft im Labor getestet und es ist ein großer Moment, die Technik nun endlich voll im Einsatz in der Luft zu sehen“, freut sich Michael Schnell.
Bis zur tatsächlichen Einführung an sämtlichen Kontrollstationen und Flughäfen weltweit dürften noch einige Jahre vergehen. Seit 2016 gibt es bereits eine DLR-geführte Arbeitsgruppe bei der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO (International Civil Aviation Organization) für die Standardisierung. Sobald der Standard endgültig festgeschrieben ist, sind Hersteller und Fluggesellschaften aufgefordert, ihn zu übernehmen“, erklärt Michael Schnell. „Bis 2022 soll es so weit sein.“
DLR / JOL