22.01.2019

Klassisches Doppelspalt-Experiment in neuem Licht

Neue Röntgenspektroskopie-Methode zur Unter­suchung der Eigen­schaften von Fest­körpern.

Eine neue Variante des grundlegenden Doppelspalt-Experi­ments hat ein inter­natio­nales Forscher­team unter Führung von Wissen­schaftlern der Uni­ver­sität zu Köln mittels reso­nanter inelas­tischer Röntgen­streuung am Europä­ischen Synchro­tron ESRF in Grenoble reali­siert. Damit lassen sich künftig die elek­tro­nische Struktur von Fest­körpern genauer bestimmen.

Abb.: Doppelspalt-Experiment mittels reso­nanter inelas­tischer...
Abb.: Doppelspalt-Experiment mittels reso­nanter inelas­tischer Röntgen­streuung an einem Iridium­oxid-Kristall: Ein inten­siver Strahl energie­reicher Röntgen­photonen (violett) trifft im Kristall auf zwei benach­barte Iridium-Atome (grün). Dadurch werden für kurze Zeit Elek­tronen in den Atomen ange­regt. Die Atome senden Röntgen­photonen aus, die sich hinter den beiden Iridium-Atomen über­lagern (rot) und als Inter­ferenz­bild analy­siert werden können. (Bild: M. Grüninger, U. Köln)

Vor mehr als zweihundert Jahren hat Thomas Young Licht an zwei neben­ein­ander­liegenden Spal­töff­nungen gebeugt und so hinter diesem Doppel­spalt Inter­ferenz­muster erzeugt. Damit konnte er die Wellen­eigen­schaften des Lichts nach­weisen. Im 20. Jahr­hundert wurde gezeigt, dass Elek­tronen oder Mole­küle bei Streuung am Doppel­spalt das gleiche Inter­ferenz­muster zeigen, was der klassi­schen Erwar­tung vom Teil­chen­ver­halten wider­spricht aber im quanten­mecha­nischen Welle-Teil­chen-Dualismus erklärt werden kann.

Die Forschergruppe hat einen Iridiumoxid-Kristall mittels der reso­nanten inelas­tischen Röntgen­streuung unter­sucht. Dabei wird der Kristall mit stark gebün­delten, sehr energie­reichen Röntgen­photonen bestrahlt. Die Beugung der Röntgen­strahlung findet hier nicht an Spalt­öff­nungen, sondern an Iridium-Atomen im Kristall statt. Auf­grund der rasanten tech­nischen Ent­wick­lung der reso­nanten inelas­tischen Röntgen­streuung und einer geschickten Wahl der Kristall­struktur ist es den Forschern gelungen, gezielt die Streuung an zwei benach­barten Iridium-Atomen, einem Dimer, zu beob­achten. „Das Inter­ferenz­muster verrät uns sehr viel über das streuende Objekt, den Dimer-Doppel­spalt. Im Gegen­satz zum klassischen Doppel­spalt-Experi­ment geben die inelas­tisch gestreuten Röntgen-Photonen Aus­kunft über die ange­regten Zustände des Dimers, insbe­sondere deren Symmetrie, und somit über die dyna­mischen physi­ka­lischen Eigen­schaften des Fest­körpers“, erläutert Markus Grüninger von der Uni­ver­sität zu Köln, der Leiter der Forscher­gruppe.

„Diese Experimente erfordern ein modernes Synchrotron als äußerst brillante Röntgen­licht­quelle und einen aus­ge­feilten experi­men­tellen Aufbau. Um gezielt nur die Iridium-Atome anzu­regen, müssen wir aus dem breiten Spektrum des Synchro­trons den sehr geringen Anteil der Photonen mit der rich­tigen Energie aus­wählen, und bei den gestreuten Photonen wird noch strenger nach Energie und Streu­rich­tung selek­tiert. Da bleiben nur noch wenige Photonen übrig“, so Grüninger weiter. Mit der erforder­lichen Genauig­keit sind die Experi­mente derzeit nur an zwei Synchro­tronen welt­weit möglich. Das Team hat sein Experi­ment am ESRF, der European Synchro­tron Radia­tion Faci­lity in Grenoble durch­ge­führt.

„Mit unserem Experiment konnten wir eine grund­legende theore­tische Vorher­sage aus dem Jahre 1994 reali­sieren. Damit öffnet sich uns eine neue Tür für eine ganze Reihe weiterer Experi­mente, die uns ein tieferes Ver­ständnis der Eigen­schaften und Funktio­nali­täten von Fest­körpern erlauben werden“, sagt Grüninger.

U. Köln / RK

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