Klimamodelle für einen erdähnlichen Planeten
Oberfläche von Proxima Centauri B lebensfreundlicher als bislang angenommen.
Mit einer Entfernung von 4,2 Lichtjahren ist Proxima Centauri der uns am nächsten gelegene Stern. Erste Hinweise auf einen planetaren Begleiter des roten Zwergsterns fand Mikko Tuomi von der University of Hertfordshire in Großbritannien 2013 bei der Sichtung von Archivdaten. Mithilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode gelang es einem Team der Europäischen Südsternwarte ESO unter Leitung von Guillem Anglada-Escudé schließlich 2016, diesen Planeten aufzuspüren. Proxima Centauri B ist mit 1,1 Erdradien nur leicht größer als die Erde, mit einer Masse von mindestens 1,27 Erdmassen aber vermutlich etwas massereicher. Der Planet umrundet seinen Zentralstern im Abstand von nur einem Zwanzigstel der Distanz Erde-Sonne. Da Proxima Centauri ein roter Zwerg ist, also wesentlich kühler als unsere Sonne, zieht der Planet seine Bahn damit trotzdem noch in der lebensfreundlichen Zone, jenem Bereich also, in dem prinzipiell die Existenz von flüssigem Wasser auf der Oberfläche möglich wäre.
Abb.: Diese künstlerische Darstellung zeigt, wie es auf der Oberfläche von Proxima Centauri B aussehen könnte. (Bild: NASA)
Ob es dort tatsächlich flüssiges Wasser und damit vielleicht auch Leben gibt, hängt allerdings von den genauen atmosphärischen und klimatischen Bedingungen ab. Ian Boutle vom britischen meteorologischen Dienst Met Office in Exeter und seine Kollegen präsentieren jetzt umfangreiche Klimamodelle für Proxima Centauri B. Die Forscher nutzten dazu das „Met Office Unified Model“, das seit Jahren bewährte Standardmodell des britischen meteorologischen Dienstes.
Im Gegensatz zu früheren Forschungsarbeiten haben Boutle und seine Kollegen nicht nur Situationen betrachtet, in denen der Planet gebunden rotiert, seinem Zentralstern also stets die gleiche Seite zuwendet, sondern auch solche, die der Bewegung des sonnennächsten Planeten Merkur ähneln. Beim Merkur stehen Umlaufzeit und Rotationsdauer in einer 3:2-Resonanz. Zudem haben Boutle und seine Kollegen auch analysiert, wie sich die Exzentrizität der Bahn, also die Abweichung von der Kreisform, auf das Klima auswirkt.
Die Modelle von Boutle und seinen Kollegen zeigen jetzt, dass selbst für eine gebundene Rotation Zonen mit flüssigem Wasser auf dem Planeten möglich wären. Erheblich günstiger wäre die Situation allerdings im Falle einer 3:2-Resonanz von Umlaufzeit und Rotation. Überraschend für die Forscher war, dass eine höhere Exzentrizität, also eine stärkere Abweichung der Bahnform von einem exakten Kreis, die Bedingungen auf der Oberfläche sogar noch lebensfreundlicher macht. Schon mit dem James Webb Space Telescope, dessen Start für Oktober 2018 geplant ist, könnte ein Blick in die Atmosphäre von Proxima Centauri B möglich sein und damit auch die Frage beantwortet werden, ob der Planet tatsächlich lebensfreundlich ist oder nicht.
„Natürlich fehlen immer noch zahlreiche Aspekte in unseren Modellen“, gestehen Boutle und seine Kollegen ein. „Da wir keinerlei Informationen über die Oberfläche besitzen, haben wir die Existenz von Landmassen komplett vernachlässigt.“ Das Team ist also davon ausgegangen, dass die Oberfläche von Proxima Centauri B komplett mit Wasser bedeckt ist. Gleichwohl berücksichtigt ihr Modell nicht einen möglichen Wärmetransport innerhalb des globalen Ozeans, da er stark von Oberflächenstrukturen abhängen würde. Ein solcher Wärmetransport könnte insbesondere im Falle einer gebundenen Rotation Wärme vom substellaren Punkt weg transportieren und den Planeten damit noch etwas lebensfreundlicher machen, so die Forscher.
Rainer Kayser
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